Die Leipziger Mitteleinstiegtriebwagen Typ 29

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Möckern-Peter
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Die Leipziger Mitteleinstiegtriebwagen Typ 29

Beitrag von Möckern-Peter »

1930 beschafft, folgerten und folgten sie den 1926 von der GLSt beschafften Probewagen 1601 und 1602 (später 1376 und 1377). Zu denen – von Niesky und Görlitz in unterschiedlicher Ausführung geliefert – hatten auch je 2 Bw. (2001 – 2004) gehört, die sich für den weniger kundigen zeitlebens durch 3 Stirnfenster unterschieden.
Bereits 1928 hatte die GLSt 100 Mitteleinstiegbw. aus Niesky in Betrieb genommen (2005 – 2104), die auf den Nieskyer Probebw. fußten, aber nur 2 Stirnfenster hatten. Diese bewährten sich, und so beschaffte die GLSt 1930 50 Tw. in Mitteleinstiegbauart. Während die Probezüge und auch die 1928 gelieferten Bw. 2-achsig waren, waren die neuen Tw. 4-achsige Drehgestellwagen und infolge abgetrennter Führerräume auch länger. An der Fertigung der 50 Tw. waren mehrere Waggonfabriken beteiligt.
Die bereits vorhandenen Bw. waren zunächst vorwiegend an Tw. des Typ 22 angehangen worden, worauf dessen zu schwache Motorisierung festgestellt wurde und Umbauten zu Typ 22a erfolgten, was man als Initialzündung der Aufmotorisierung (und später auch Modernisierung) des Typ 22 generell bezeichnen kann. Auch wenn mit den neuen Tw. 50 reine Mitteleinstiegzüge zu bilden möglich war, kam es in der Geschichte der Mitteleinstiegwagen stets zu Mischeinsätzen mit anderen Tw.- und Bw.-Typen.
1931 – bereits stark gezeichnet von der Weltwirtschaftskrise – kam es noch unter Mühen zu einer Nachbestellung von 6 Tw., um einen Tw.-überhang für Reservefälle zu erreichen. Somit waren mit den Nummern 1001 – 1056 nunmehr 56 Tw. vorhanden.
Anfangs waren die Züge meist auf „starken“ Linien wie der 4 und 17 und auch auf Außenbahnen wie der städtischen 25 und der „privaten“ 28 eingesetzt. Die Wagen 1047 – 1050 waren theoretisch auch der LAAG überschrieben, was an der sehr kleinen seitlichen Eigentümerbeschriftung ersichtlich, jedoch in der Betriebsführung bedeutungslos war.
Die weitere Geschichte ist schnell erzählt. Jahrzehntelang bewährten sich die Wagen – mehr oder weniger. Die beim Bau bereits technisch und konstruktiv überholten Motoren verhinderten die Dauernutzung der E-Bremse über Fahrschalter außer im Notfall bei Nutzung weniger grober E-Bremsstufen, so dass zeitlebens die Druckluftbremse Gebrauchsbremse blieb. Es waren auch die letzten Leipziger Wagen mit Druckluftbremse. Zeitlebens war also ein Kompressor für die Drucklufterzeugung nötig, ein Kessel, und es kam auch zu den unangenehmen Begleiterscheinungen wie Einfrieren der Druckluft. Auch waren die Drehgestelle wohl weniger optimal, weswegen diverse Wagen – dann als Typ 29a bezeichnet – in den 50er Jahren neue Drehgestelle bekamen, die mit Rollen- statt Gleitlagern ausgestattet waren.
Anfangs mit Hoefnerkupplung ausgerüstet, bekamen sie 1952 mit dem gesamten Leipziger Wagenbestand Albertkupplungen.
Kommen wir nun zum vorstehenden Bild*, das den Wg. 1039 auf Li. 15 zeigt. Ursache war, dass die Stadtlinie 15 in den 50er Jahren ihre Funktion mit der Überlandlinie 25 getauscht hatte und nunmehr statt dieser nach Liebertwolkwitz fuhr. Das Bild kann m.E. auf ca. 1962/63 eingegrenzt werden.
Zu jener Zeit waren die Wagen mittels folgender (etwaiger) Betriebshöfeverteilung im Netz präsent:
1001 – 1008 Reu. f. 5-mal Li. 4
1009 – 1024 Mö. f. 9-mal Li. 11 u. 28
(ohne 1011 VU und 1016 Brand)
1025 – 1037 Dö. f. 9-mal Li. 11, 28
1038 – 1056 DSF f. 6-mal Li. 4 und 7-mal Li. 15
(ohne Kriegsverluste 1042, 1050)
Die relativ große Reserve steht in Zusammenhang mit dem oft recht hohen Schadstand dieser Wagen, auch wenn insbes. zu Messezeiten durch Aufarbeitungen die dann hohe Verfügbarkeit auch Einsätze auf zusätzlichen Linien möglich machte. So dienten Wagen auch auf den Messelinien MM-gelb (Gohlis-Nord), rot (Gohlis/Landsberger Str.), MM-blau (Großzschocher) und MM-grün (Leutzsch) sowie 31 (Nachfolger der MM-blau) oder auf den Verstärkungslinien 12 und 30.
In den letzten Jahren erfolgte der Abzug von den Stammlinien 15 (1964), 4 (1965), 28 (1966) und 11 (1967) und zunehmender Einsatz auf Verstärkungslinien, die nur in Berufsverkehrszeiten im Einsatz waren. Dabei waren auch oft nur ein Mitteleinstiegbw. angehangen oder 1 – 2 nichtgeneralreparierte „Pullman“-Bw. Typ 56. Bei generalreparierten Stahlbw. des Typ 56 war die Druckluftbremse nicht wieder eingebaut worden, so dass nur die noch in originalem Zustand befindlichen Bw. dafür nutzbar waren.
Auch im Hauptverkehrszeit-Einsatz vollzog sich – korrespondierend mit der stetig kleiner werdenden Anzahl der Tw. - der Rückzug recht schnell: 1969 verschwanden sie mit Einstellung dieser Linien von den Linien 9 und 23.
In Zusammenhang mit der Abgabe diverser Tw. Typ 29a nach Strausberg zum Einsatz als durchgehend druckluftgebremste Doppelwagen (mit jedoch geschlepptem hinterem Tw.) stand nun nur noch eine Anzahl zur Bestückung der Verstärkungslinie 14 zur Verfügung. Im November 1971 gab dort Tw. 1003 als letzter noch einsatzfähiger Wagen mit 2 seiner Mitteleinstiegbw. die Abschiedsvorstellung.
Die von den 95 nach Kriegsende noch vorhandenen, Ende der 60er Jahre noch relativ vollzählig vorhandenen Beiwagen kamen wie schon bisher hinter 22c-Wagen zum Einsatz, jedoch zunehmend zur Ausmusterung; letzte verkehrten noch bis 1974.
Die Prototyp-Züge der Typen 23 und 57 hatten den Weltkrieg komplett überstanden, waren jedoch schon 1962 ausgeschieden.
Heute ist ein Typ 57 zur Aufarbeitung hinterstellt, gleichsam ein zweiter, der zu einem Tw. Typ 23 werden soll; betriebsfähig ist der historische Bw. 2012 und demnächst nach umfangreichen Arbeiten wieder fertiggestellt wird der historische Tw. 1043 in Originalversion, also mit Drehgestellen der Bauart 1930.
*Bild ersichtlich in http://www.leipzigalbum
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Re: Die Leipziger Mitteleinstiegtriebwagen Typ 29

Beitrag von Manitou »

Gibt es irgendwelche überlieferten Gründe, warum 1952 in Leipzig ein technisch überholtes Kupplungssystem (Albertkupplung) neu eingeführt wurde? Es wäre technisch gesehen sinnvoller gewesen, die Hoeffner-Kupplung gleich durch die Schaku (erste ESW-Bauform wie bei den Dresdener Lowawagen, sowie netzweit in Schwerin und Zwickau verwendet) ersetzen.

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Möckern-Peter
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Re: Die Leipziger Mitteleinstiegtriebwagen Typ 29

Beitrag von Möckern-Peter »

1.: Scharfenbergkupplungen wären in der Nachkriegszeit sicher nicht in Größenordnungen des Leipziger Wagenparkes erhältlich gewesen.
2.: Es hätte umverkabelt werden müssen; so betraf es nur die Kupplungsmechanik und keine elektrischen Bauteile.
3.: Eigentlicher Umstellungsgrund war die "Einteiligkeit" der Albertkupplung; durch das ineinandergreifen gab es keine separaten Verbinder mehr, was a) die Laufruhe beim anhalten und abfahren verbesserte und b) dem Personal diente, das keine schweren Teile mehr tragen und anbringen musste.
Es war lediglich zu lernen, dass man nicht mehr (wie auch bei SchaKu) "passgenau" heranfahren musste sondern mit seitwärtigen Kuppelstangen sogar im Grunde zu nah , denn die Albert streckt sich ja durch anziehen zwischen stecken des 1. und des 2.Bolzens.
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Re: Die Leipziger Mitteleinstiegtriebwagen Typ 29

Beitrag von Manitou »

Schaku kann, aber muß man nicht verkabeln. Schöneiche hat bei den Drehgestellwagen nur mechanische Schaku genutzt und sowohl die Bremsschläuche, als auch E-Kabel beibehalten. Andererseits hätte man die Umstellung schrittweise durchführen können, insbesondere bei der Beschaffung von Neubau-Fahrzeugen.

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Möckern-Peter
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Re: Die Leipziger Mitteleinstiegtriebwagen Typ 29

Beitrag von Möckern-Peter »

Wenn man den Vorteil der elektrisch-mechanischen Verbindung nicht nutzen will, braucht man die SchaKu nicht. Dann tut es jede andere mechanische auch. Und Leipzig schloss sich halt der sehr weit verbreiteten Albert-Kupplung an, um von Hoefner loszukommen. Allerdings war Hoefner bereits ein Fortschritt gegenüber Lochpuffer zuvor, was etliche Städte noch ewige Zeit beibehalten haben.
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