Nürnberg - "Geister U-Bahn" Unfall

Sonstiges zum Thema Straßenbahnen: Hier wird über das diskutiert, was thematisch nicht in die anderen Foren passt
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fahrmidda13
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Re: Nürnberg - "Geister U-Bahn" Unfall

Beitrag von fahrmidda13 »

Na dann klink ich mich hier auch noch mal rein... :wink:
Der Vergleich hinkt schon etwa, da geführte Aufzüge inzwischen Vergangenheit sein sollten und man heute nur einsteigt, einen Knopf drückt und los geht es. Natürlich ist das Prinzip bei der U-Bahn irgendwo vergleichbar, aber auch nur sehr fern. Man steigt ja nicht in die U-Bahn und drückt einen Knopf für die Station, wo man hin will. Die U-Bahn fährt ja alleine, der Aufzug nur auf Befehl, also durch den Knopfdruck.
Auf Befehl fahrende Verkehrsmittel gibt es momentan - zum Glück - nur in irgendwelchen Science Fiction Filmen, wo man in irgendeine Kabine steigt oder vielleicht sogar eine schwebende Kugel, die einen dann zum gewünschten Ziel bringt :lol: .

Aufzüge haben in der Regel auch keinen Gegenverkehr oder die Möglichkeit von diesem. Nun mag eine automatische U-Bahn sicher auch Vorkehrungen haben, daß sich keine Züge entgegenkommen oder welche gerammt werden. Aber Kameras und Sensoren können ausfallen!
Natürlich kann auch im schlimmsten Falle der Fahrer während der Fahrt versagen, doch da gibt es immer noch die SiFa.
Also erstmal zum Aufzug: hier gibt es auch Modelle, die tatsächlich immer fahren und auf jeder Etage anhalten (oder auch nur auf bestimmten Etagen). In manchen Bürohochhäusern, in denen immer hohes Personenaufkommen herrscht, wurde auf die Anforderung verzichtet.
Eine Situation, in der sich zwei Gondeln einen Schacht teilen, kenne ich jetzt zwar nicht, ausschließen würde ich aber auch das nicht. Für die geballte Ladung Nervenkitzel beim Überwinden von Etagen empfehle ich die Mitfahrt in einem Paternoster; ein paar wenige davon gibt es ja noch :wink:

Ob nun der Fahrer oder die Automatik früher ein unerwartetes "Licht am Ende des Tunnels" entdeckt und den Zug abbremst, lassen wir mal dahingestellt, der - sehr unwahrscheinliche - Zusammenstoß dürfte sich so oder so kaum vermeiden lassen.
koneggS hat geschrieben:Und auch die U-Bahn könnte man wahrscheinlich so programmieren, dass sie nur auf Knopfdruck anhält
Die "Anforderung" am Bahnhof haben wir ja schon bei der NEG erlebt :D . Der Haltewunsch auf dem Bahnsteig funktioiert allerdings weniger spektakulär als erwartet.
Sithis hat geschrieben:Die automatische U-Bahn ist eigentlich Asbach uralt und es gab schon früher automatischen Betrieb, der sogar recht gut zu funktionieren schien. Der Fahrer saß eben zur Kontrolle daneben. Besser ist es.
Wenn ich so in meinen Kindheitserinnerungen krame, stoße ich auf die "M-Bahn" in Berlin (-West), die erste vollautomatische Magnetschwebebahn in Deutschland. Dort gab es 1988 einen schweren Unfall mit einem - gottlob unbesetzten - Wagen, der zu Testzwecken nicht automatisch, sondern im "Handbetrieb" ferngesteuert wurde. Dabei wurde er zu schnell, überfuhr einen Prellbock, durchbrach eine Glaswand und stürzte schließlich auf das Dach des damaligen Bahnhofs Kemperplatz.
Ach, und wo wir beim Handbetrieb sind...
Sithis hat geschrieben:Ich gehe vom GAU aus. Stellwerksfehler und alles total im Eimer.
GAU... wie war das in Tschernobyl damals noch passiert? :P :wink:
Bild

Zwei Fuzzies stehen auf einer Signalbrücke.
"Weißt du", sagt der eine, "wenn ich hier oben stehe und den Zug knipse, fällt irgendwie alles von mir ab."
"Schön" sagt der andere. "Hauptsache, es fällt mir nicht in die Fotolinie."

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M73
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Re: Nürnberg - "Geister U-Bahn" Unfall

Beitrag von M73 »

Du möchtest aber jetzt nicht ernsthaft eine U-Bahn mit einem Fahrstuhl vergleichen?
Oha! Hier haben wir schon mal einen Konflikt, ob sich ein Aufzug so ohne weiteres mit einer U-Bahn vergleichen läßt.

Definieren wir zu nächst die Unterschiede:

- Die Streckenlänge ist bei einer U-Bahn deutlich länger, meist einige km.
- Eine U-Bahn fährt aufgrund der unüberschaubaren Länge nach Fahrplan, dagegen Aufzüge
meißt nur nach Bedarf.
- Die Haltepunkte sind bei einem Aufzug in deutlich kürzeren Abständen
- Der Antrieb ist bei Aufzügen stationär

Fällt hier noch jemanden was ein?

Nun die Gemeinsamkeiten:

- Beide sind Schienengebunden
- Beide werden Elektronisch gesteuert
- Beide sind in einer Art Tunnel
- Beide sind zur Personenbeförderung gedacht (evt. nicht nur).
- Beide Fahrzeuge haben Türen.
- Und es kommt immer wieder zu Unfällen.
Öhm, mal rein von der Sache her, ist denn der Vergleich wirklich so weit hergeholt? Ich muß gestehen, daß ich, als ich das Thema eben aufmachte, auch spontan an den längst in Vergessenheit geratenen Aufzugführer denken mußte.
Einen geführten Aufzug habe ich ein einziges Mal selbst erleben dürfen, 1989 in einem Nürnberger Kaufhaus. Hierbei hat der Aufzugführer nicht, wie man es sich vielleicht vorstellen möchte, nach Wunsch die Etagen gedrückt, sondern den Aufzug tatsächlich mit einem Handhebel geführt, wobei über diesen Hebel Fahrtrichtung und -geschwindigkeit gesteuert wurden.
Wenn ich an Schrägaufzüge im Bergwerk denke, ist ein Aufzug plötzlich der U-Bahn (oder auch Vollbahnen) doch gar nicht mehr so unähnlich).
ch denke, daß Automatisierungen generell eine Frage der Gewöhnung sind und zunächst immer mit einem gewissen Unwohlsein betrachtet werden. Mit der Zeit werden wir genauso selbstverständlich in eine automatische U-Bahn steigen, wie wir schon lange unsere Autos selbst betanken.
.
Vielleicht ist hier das mulmige Gefühl wirklich nur auf "das neue" zurückzuführen. :?:
Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch .
(Karl Valentin, Münchner Volksschauspieler und Humorist)

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T3D-Fan
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Re: Nürnberg - "Geister U-Bahn" Unfall

Beitrag von T3D-Fan »

Ich frage mich gerade, was manche hier über die Bahntechnik denken!? - Bahntechnische Anlagen sind immer redundante Systeme, meist 2-aus-3, und müssen SIL4 erfüllen. Wenn man danach geht, ist ein Fahrstuhl, um einmal bei diesem Vergleich zu bleiben, unsicherer...

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M73
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Re: Nürnberg - "Geister U-Bahn" Unfall

Beitrag von M73 »

Bahntechnische Anlagen sind immer redundante Systeme, meist 2-aus-3, und müssen SIL4 erfüllen.
Aufzüge müssen zwar nicht vollredundant sein, aber ein Versagen einzelner Komponenten darf trotzdem nicht zu Gefährdungen führen, muß zur sicheren Seite hin statt finden.

Wenn es sich um einen prozessorgesteuerten Aufzug handelt, läuft das Programm in mindestens zwei Systemen parallel ab. Kommt es zu Abweichungen steht der Aufzug. 0,4 Millisekunden Verzögerung im Rechnerablauf reichen da schon.
Auch Initiatoren sind gern gedoppelt.
Viele Hersteller haben für eine Prozeßabweichung oft Notsysteme die ein kontrolliertes Fahren bis zur nächsten Etage erlauben, kontrolliert die Türen öffnen und den Aufzug zusätzlich Mechanisch festsetzen.

Relais gesteuerte Systeme sterben zwar langsam aus, sind aber ähnlich aufgebaut. Kommt ein sicherheitsrelevantes Relais nicht, geht da auch nichts. Etwas modernere Steuerungen haben auch schon wichtige Relais gedoppelt; wenn von einem Relaispaar nur eins falsch steht, steht auch wieder alles.

Und ganz alte konventionelle Schützsteuerungen sind eh nur noch zulässig, wenn der Fahrstuhl gewisse Normen erfüllt oder ein Historisch wertvoller Aufzug mit Sondergenehmigung betrieben wird (z.B. Paternoster). Selbst hier gibt es detaillierte Nachrüstpflichten.

Für die meisten Aufzüge ist auch eine E90/E120 Brandschutzverkabelung der Zuleitungen, in Einzelfällen sogar der kompletten Technik vorgeschrieben. Zudem gibt es noch eine Reihe Mechanischer Zusatzsicherungen, die parallel zu den elektrischen Systemen wirken.

Viele moderne Aufzüge, zumindest Personenaufzüge im öffentlichen Bereich (Kaufhäuser etc.), sind SIL3 zertifiziert.

SIL klassenlos (halt ohne Zertifikat)sind eigentlich nur noch Güteraufzüge im Altbestand, in denen keine Personen mitfahren.

Wenn ich Statistiken der Feuerwehr München durchschaue, muß ich mich schon bemühen, einen "richtigen" Aufzugunfall (also mit direkter Gefährdung einer Person, keine Steckenbleiber) zu finden. Aber Unfälle mit Schienenfahrzeugen sind da schon relativ häufig.
So viel zur relativen "Unsicherheit" gegenüber zu Bahnen.

Zu meinen vorigen Beitrag: Ich habe da noch drei erhebliche Unterschiede zwischen Aufzügen und U-Bahnen gefunden:
1. U-Bahnen fahren auf einem verzweigten Netz, Aufzüge sind Praktisch Einzelfahrer.
2. Bei U-Bahnen kommt es regelmäßig zu (Un-)Zwischenfällen, egal ob mit oder ohne Fahrer. Aufzugunfälle sind da eher selten.
3. Man kann auf U-Bahnen (und Bahnen allgemein) erheblich leichter negativ Einwirken, als auf Aufzüge. Bei Bahnen stellt man sich einfach auf Gleis oder ein Auto auf den Bahnübergang und schon krachts. Bei einem Aufzug muß man sich erst gewaltsam oder mit Werkzeug Zutritt verschaffen, zum Schacht oder Maschinenraum.

Vielleicht kommt das Unwohlsein bei Automatischen U-Bahnen auch einfach daher, weil es selbst mit Fahrer genug Unfälle gibt. Für den allgemeinen Fahrgast ist ein Unfall ein Unfall, egal ob er technisch oder Personell hätte verhindert werden können.
Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch .
(Karl Valentin, Münchner Volksschauspieler und Humorist)

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