GLT - Die Alternative zur Straßenbahn?!
Verfasst: 14.02.2007 10:35
Hallo zusammen,
nachdem ich mich dafür ausgesprochen habe dieses Unterforum einzurichten, möchte ich dann auch mal die erste Diskussion lostreten, indem ich euch den GLT vorstellen möchte.
Viele Fakten habe ich der Homepage CityTransport.info entnommen.
Warum ein neues System?
Da viele mittelgroße Städte zu klein sind, als dass sich die Einführung eines Straßenbahnsystems lohnen würde, die Busse jedoch teilweise an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen, wurden teilweise spurgeführte Systeme entwickelt:
GLT
Der GLT (Guided Light Transport) von Bombardier war (1985) das erste System, mit dem versucht wurde, die Beliebtheit der Straßenbahn (Stichwort: Schienenbonus) mit der Flexibilität des Busses zu kombinieren. Deshalb oft auch als "Gummi-Tram" bezeichnet.
Die Fahrzeuge
Die GLT-Fahrzeuge sind quasi Doppelgelenkbusse die sowohl mit E-Motoren (für spurgeführten Betrieb mit Oberleitung) sowie Dieselmotor (für nicht spurgeführten Betrieb) ausgestattet sind. Gegenüber normalen Bussen sind alle Achsen gelenkt, wodurch jede Achse exakt der vorigen folgt (auch im nicht spurgeführten Betrieb).
Die zweite (ab 1997) gebaute Fahrzeuggeneration war komplett niederflurig und erhielt die neue Bezeichnung TVR (Transport sur voie reservée - Transport auf reservierter Spur) um die Absatzchancen in Frankreich zu erhöhen.
Die Einsatzorte
Die französischen Städte Nancy und Caen entschieden sich für das TVR-System. Während der TVR in Nancy das vorhandene Obus-System ergänzen und aufwerten und nur in der Innenstadt mit Spurführung verkehren sollte, war der TVR in Caen als "Gummi-Straßenbahn" permanent spurgeführt.
Erfahrungen aus dem Betrieb
Kurz nach der Eröffnung des TVR in Nancy kam es zu mehreren Entgleisungen. Infolge dessen wurde zur Ursachenforschung der Betrieb für ein Jahr eingestellt. Wie sich herausstellte wurden die Entgleisungen durch ein Fehlverhalten der Fahrer beim Einfädeln in die Spurführung verursacht. Vor der Wiedereröffnung wurden aus Sicherheitsgründen viele Langsamfahrstellen eingerichtet, woruch die Durchschnittsgeschwindigkeit auf 14,6 km/h sank. Zum Vergleich: der TVR benötigt für die gleiche Strecke die ein normaler Bus in 7 Minuten zurücklegt 9 Minuten!
Die erwarteten Kosten für das TVR-System wurden in Nancy durch die nur teilweise Spurführung als sehr gering gegenüber einer klassischen Straßenbahn eingeschätzt. Letztenendes lagen sie bei 156 Mio. EUR, was 14,2 Mio. EUR pro km entspricht. Zum Vergleich: Neue Straßenbahnsysteme in anderen französischen Städten ließen sich für 15,5 Mio. EUR pro km errichten.
In Caen gab es durch die permanente Spurführung weit weniger Probleme. Man hatte sich für den TVR entschieden, da man annahm, eine klassische Straßenbahn wäre zu teuer. Letztenendes kostete der TVR über 234Mio. EUR anstatt der erwarteten 113 Mio. EUR.
Ein weiteres Problem ergibt sich in der Spurtreue der Fahrzeuge. Im spurgeführten Betrieb (aber auch im nicht spurgeführten Betrieb) wird mit allen Achsen die gleiche Spur gefahren. Das verursacht nach kurzer Zeit Spurrinnen in der Fahrbahn. Diese sind im schlimmsten Fall jährlich auszubessern, was auf Dauer den Unterhalt einer klassischen Straßenbahn kostengünstiger gemacht hätte.
Die Zukunftspläne
Da Bombardier den GLT/TVR aus dem Angebot gestrichen hat, ist eine weitere Beschaffung von TVR-Fahrzeugen nicht möglich. Da Caen trotzdem über eine Expansion seiner Strecke nachdenkt, wäre die Übernahme der Fahrzeuge aus Nancy denkbar. Nancy würde dann auf ein anderes System umstellen.
Meine bescheiden Meinung
Die Idee "GLT - Das Beste aus Bus und Straßenbahn" ist in meinen Augen nach hinten losgegangen. Man hat dem so flexiblen Bus eine Spurführung verpasst. Da statt Stahlrad-Stahlschiene Gummi auf Asphalt läuft (beides weicher), das Fahrzeug jedoch nicht leichter als eine Straßenbahn ist, zerstört es sich seinen Fahrweg selbst binnen kurzer Zeit. Die Städte die sich ein solches System haben andrehen lassen tun mir leid, da hier Unsummen für ein unausgereiftes System ausgegeben wurden und die Folgekosten noch einige Jahre anfallen werden, bis man mangels Ersatzfahrzeugen das System wieder einstampft. In der Schweiz wurden in den letzten Jahren Doppelgelenk-Obusse angeschafft. Diese bieten die gleiche Kapazität wie die GLT/TVR-Fahrzeuge und sind in der Wahl ihrer Fahrspur flexibel (Hindernisse wie Kleinlaster in zweiter Reihe können umfahren werden). Für das Geld des GLT-Systems hätte man sich letztlich auch eine richtige Straßenbahn leisten können, da die Pläne einer kostengünstigen Straßenbahn-Alternative nicht aufgegangen sind.
Nachdem ich jetzt einiges zum GLT/TVR hier geschrieben habe, interessiert mich eure Meinung zu diesem System.
Chris
nachdem ich mich dafür ausgesprochen habe dieses Unterforum einzurichten, möchte ich dann auch mal die erste Diskussion lostreten, indem ich euch den GLT vorstellen möchte.
Viele Fakten habe ich der Homepage CityTransport.info entnommen.
Warum ein neues System?
Da viele mittelgroße Städte zu klein sind, als dass sich die Einführung eines Straßenbahnsystems lohnen würde, die Busse jedoch teilweise an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen, wurden teilweise spurgeführte Systeme entwickelt:
GLT
Der GLT (Guided Light Transport) von Bombardier war (1985) das erste System, mit dem versucht wurde, die Beliebtheit der Straßenbahn (Stichwort: Schienenbonus) mit der Flexibilität des Busses zu kombinieren. Deshalb oft auch als "Gummi-Tram" bezeichnet.
Die Fahrzeuge
Die GLT-Fahrzeuge sind quasi Doppelgelenkbusse die sowohl mit E-Motoren (für spurgeführten Betrieb mit Oberleitung) sowie Dieselmotor (für nicht spurgeführten Betrieb) ausgestattet sind. Gegenüber normalen Bussen sind alle Achsen gelenkt, wodurch jede Achse exakt der vorigen folgt (auch im nicht spurgeführten Betrieb).
Die zweite (ab 1997) gebaute Fahrzeuggeneration war komplett niederflurig und erhielt die neue Bezeichnung TVR (Transport sur voie reservée - Transport auf reservierter Spur) um die Absatzchancen in Frankreich zu erhöhen.
Die Einsatzorte
Die französischen Städte Nancy und Caen entschieden sich für das TVR-System. Während der TVR in Nancy das vorhandene Obus-System ergänzen und aufwerten und nur in der Innenstadt mit Spurführung verkehren sollte, war der TVR in Caen als "Gummi-Straßenbahn" permanent spurgeführt.
Erfahrungen aus dem Betrieb
Kurz nach der Eröffnung des TVR in Nancy kam es zu mehreren Entgleisungen. Infolge dessen wurde zur Ursachenforschung der Betrieb für ein Jahr eingestellt. Wie sich herausstellte wurden die Entgleisungen durch ein Fehlverhalten der Fahrer beim Einfädeln in die Spurführung verursacht. Vor der Wiedereröffnung wurden aus Sicherheitsgründen viele Langsamfahrstellen eingerichtet, woruch die Durchschnittsgeschwindigkeit auf 14,6 km/h sank. Zum Vergleich: der TVR benötigt für die gleiche Strecke die ein normaler Bus in 7 Minuten zurücklegt 9 Minuten!
Die erwarteten Kosten für das TVR-System wurden in Nancy durch die nur teilweise Spurführung als sehr gering gegenüber einer klassischen Straßenbahn eingeschätzt. Letztenendes lagen sie bei 156 Mio. EUR, was 14,2 Mio. EUR pro km entspricht. Zum Vergleich: Neue Straßenbahnsysteme in anderen französischen Städten ließen sich für 15,5 Mio. EUR pro km errichten.
In Caen gab es durch die permanente Spurführung weit weniger Probleme. Man hatte sich für den TVR entschieden, da man annahm, eine klassische Straßenbahn wäre zu teuer. Letztenendes kostete der TVR über 234Mio. EUR anstatt der erwarteten 113 Mio. EUR.
Ein weiteres Problem ergibt sich in der Spurtreue der Fahrzeuge. Im spurgeführten Betrieb (aber auch im nicht spurgeführten Betrieb) wird mit allen Achsen die gleiche Spur gefahren. Das verursacht nach kurzer Zeit Spurrinnen in der Fahrbahn. Diese sind im schlimmsten Fall jährlich auszubessern, was auf Dauer den Unterhalt einer klassischen Straßenbahn kostengünstiger gemacht hätte.
Die Zukunftspläne
Da Bombardier den GLT/TVR aus dem Angebot gestrichen hat, ist eine weitere Beschaffung von TVR-Fahrzeugen nicht möglich. Da Caen trotzdem über eine Expansion seiner Strecke nachdenkt, wäre die Übernahme der Fahrzeuge aus Nancy denkbar. Nancy würde dann auf ein anderes System umstellen.
Meine bescheiden Meinung
Die Idee "GLT - Das Beste aus Bus und Straßenbahn" ist in meinen Augen nach hinten losgegangen. Man hat dem so flexiblen Bus eine Spurführung verpasst. Da statt Stahlrad-Stahlschiene Gummi auf Asphalt läuft (beides weicher), das Fahrzeug jedoch nicht leichter als eine Straßenbahn ist, zerstört es sich seinen Fahrweg selbst binnen kurzer Zeit. Die Städte die sich ein solches System haben andrehen lassen tun mir leid, da hier Unsummen für ein unausgereiftes System ausgegeben wurden und die Folgekosten noch einige Jahre anfallen werden, bis man mangels Ersatzfahrzeugen das System wieder einstampft. In der Schweiz wurden in den letzten Jahren Doppelgelenk-Obusse angeschafft. Diese bieten die gleiche Kapazität wie die GLT/TVR-Fahrzeuge und sind in der Wahl ihrer Fahrspur flexibel (Hindernisse wie Kleinlaster in zweiter Reihe können umfahren werden). Für das Geld des GLT-Systems hätte man sich letztlich auch eine richtige Straßenbahn leisten können, da die Pläne einer kostengünstigen Straßenbahn-Alternative nicht aufgegangen sind.
Nachdem ich jetzt einiges zum GLT/TVR hier geschrieben habe, interessiert mich eure Meinung zu diesem System.
Chris