Berlin: MAN S(tinke)D(oppeldecker)202 ausgemustert

[Sithis]

Seit Mitte November sind in Berlin die alten Doppelstockbusse des Typs MAN SD202 Geschichte. Somit verschwinden endlich die letzten zweitürigen Doppeldecker aus dem Linienverkehr. Da ich diese Kisten noch nie wirklich mochte und sie zum Schluß ohnehin total versifft waren, bin ich über diesen Verlust keineswegs traurig.

[Strabalex]

Mit diesem Typen bin ich 4-5 Jahre lang in berlin gefahren als ich noch Berlin besuchte zu den zeiten wo keine Solaris nix niederflur war das waren noch zeiten aber jetzt wundere ich mich andauernd die 202 habe ich immer gemocht naja zeit abschied zu nehmen

[fahrmidda13]

Och naja, die 202er hatten diesen wunderschön zischenden Motor und das Oberdeck wurde in sanfte Längsschwingungen gebracht.
Klar, die Busse waren alt und abgewirtschaftet, zudem wurde ihr Einsatzbestand mit Lieferung der Lion's City DD stark ausgedünnt, sodaß das baldige Einsatzende abzusehen war.

Trotzdem sehe ich die Außerdienststellung nicht ganz ohne Wehmut. Für mich waren die SD 202 die letzten Fahrzeuge mit dem typischen BVG-Ambiente, wie ich es seit meiner Kindheit kannte. Wenn ich mit dem Zug am Zoo ankam, dort in den 146er einstieg, auf der rot-orange gepolsterten Sitzbank platznahm und über die Holzdekorfolie hinweg auf die Straße schaute, hatte mich die Stadt mal wieder in ihren Bann gezogen .

[Sithis]

Ok, sicher hat jeder andere Erlebnisse mit verschiedenen Fahrzeugen. Aber für mich endete die interessante Busphase in Berlin 2003 mit Abstellung der "Toastbrote"(SD200), die wirklich interessante Phase ohnehin schon 1999 mit Abstellung der Ikarus-Busse. Auch wenn ich die alten MAN SD mit der Zeit irgendwo schätzen gelernt habe, bin ich ehrlich gesagt nicht so ein Freund von Doppeldeckern. Das Gerangel der Touristen um die vorderen Plätze ist eine Sache die stört, die andere dann auch die für den Fahrgast langen Wege von oben nach unten, da das Unterdeck in der Regel immer mehr oder weniger vollständig belegt ist, und die Tatsache, daß man den Kopf einziehen muß, zumindest als größerer Mensch.

Doppeldeckerfahrten als "normaler" Fahrgast habe ich auch vornehmlich zu meiner Zeit in Berlin Mitte/Ende der 90er unternommen, vornehmlich ja ohnehin in Westberlin. Und ich mag Westberlin nicht wirklich. Da kann medial immer noch die Wiedervereinigung gefeiert werden, Westberlin wird höchstwahrscheinlich nie meine Stadt sein.

Meines Erachtens nach ist der Doppeldecker in Berlin ohnehin ein Relikt aus BVG-Westzeiten. Der Gelenkbus ist die bessere Alternative für die meisten Strecken, daher ist die einstige Dominanz von Doppeldeckern in Berlin mittlerweile ohnehin zurückgegangen.

Und das "typische BVG-Ambiente" ist Geschmackssache. Mein Ding ist es ist nicht unbedingt.

Was den Motorsound angeht, so können die älteren MAN da für mein Empfinden nicht unbedingt punkten. Mit 192PS sind die Fahrzeuge ohnehin eher untermotorisiert, und klanglich ist den Motoren eher ein Jaulen zu entlocken als denn ein kerniger Sound. Und wenn wir schon beim Thema "Jaulen" sind:
Das Gewimmer der Türen hat mich auch immer genervt.
Ich bin in beiden Fällen eher ein Freund des Ikarus-Busses, der mit einem kräftigem Klang beim Motor und ordentlich zischenden Drucklufttüren aufwarten kann . (und mit einer Klingel)

[fahrmidda13]

Und ich mag Westberlin nicht wirklich. Da kann medial immer noch die Wiedervereinigung gefeiert werden, Westberlin wird höchstwahrscheinlich nie meine Stadt sein.

Kann ich voll und ganz verstehen. Mit der Wende wurde dem "wiedervereinigten" Berlin ein Übermaß an Aufmerksamkeit zuteil und übertriebene Euphorie, meist von Menschen, die Berlin gar nicht kennen ausgelebt, machten das ganze beinahe schon zu einer Art Mythos. Dabei sind die Diskrepanzen zwischen den Menschen in Ost und West noch heute in Berlin weit größer als anderswo in der Republik. Für meine (West-)Berliner Verwandschaft hört das "eigentliche" Berlin ebenfalls bis heute an einer Linie Neukölln - Reinickendorf auf.
Da ich Berlin erst nach der Wende richtig kennengelernt habe (was weiß man mit neun Jahren schon von einer Stadt, in der man sich einmal jährlich für eine Woche aufhält), sehe ich das ganze recht neutral, obwohl auch mir die Unterschiede zwischen Ost- und Westbezirken bis heute auffallen. Und: Den Imbiß an der Schönhauser kannte ich wirklich noch nicht (Insider) .

Meines Erachtens nach ist der Doppeldecker in Berlin ohnehin ein Relikt aus BVG-Westzeiten.

Und zu Westzeiten war er wiederum ein Relikt aus dem "alten" Berlin. Daß man in Westberlin an diesem zweifelsohne recht ineffizienten Verkehrsmittel festhielt, sogar als Straßenbahnersatz, und erst spät (ich meine sogar erst nach der Wende) überhaupt Gelenkbusse in Westberlin unterwegs waren, war sicherlich auch politisch motiviert. Die Bürger in Berlin-West sollten sich möglichst eng mit ihrer Stadt identifizieren, um die alltäglichen Defizite gegenüber der BRD verdrängen zu können (daher auch die sog. "Berlin-Zulage", eine Art Konjungturpaket für West-Berlin). Da die städtebaulichen Symbole dazu beinahe alle im Osten lagen, mußten eben andere Dinge dafür herhalten.

[Sithis]

Und: Den Imbiß an der Schönhauser kannte ich wirklich noch nicht (Insider) .

Na, dann wurde es ja mal Zeit, den kennenzulernen! Mit 9 Jahren konntest du ihn natürlich noch nicht besuchen, da damals ja noch die Mauer stand. Jedenfalls ist das eine Institution mit Tradition.

Und damit das nicht so geheimnisvoll wirkt: Es ist der Imbiß Konopke, den man mittlerweile auch anderswo in Berlin trifft .

Ich kann mich in Westberlin jedenfalls nur mit wenigen Gebieten anfreunden. Die U3 verläuft ganz nett, auch die Hochbahn der U1 und U2 sind zumindest oben ganz schön, und das DTMB besuche ich auch gerne, ebenso wie den Zoo. Ansonsten ist das aber alles eher fremd für mich, zudem auch noch "straßenbahnbefreit" .

Ok, jetzt sind wir wieder etwas vom Thema abgekommen, aber das ist hier ja normal .

Nachtrag:

Da die städtebaulichen Symbole dazu beinahe alle im Osten lagen, mußten eben andere Dinge dafür herhalten.

In der Tat ist dem so. Und auch wenn man leider den Palast der Republik unter fadenscheinigen Gründen abgerissen hat, so so konnte man dann doch wenigstens mit dem Fernsehturm ein schon von Weitem sichtbares Wahrzeichen vorweisen, welches die Erinnerung an die guten alten Zeiten Ostberlins wohl mit am deutlichsten manifestiert .

[T6A2mod]

Wie kommt ihr darauf, dass diese ausgemustert sind? Ich habe diese Woche erst zweimal einen SD auf dem 125er sehen können. Diese werden noch bis zum Fahrplanwechsel eingesetzt.

Die Verabschiedungsveranstaltung für den Presse-Tam-Tam war halt schon und dies war beim T6 nicht anders!

[Sithis]

Ok, dann war das wohl der Presseabschied. Fakt ist aber wohl, daß sie zum Fahrplanwechsel am 13.12. endgültig von Berlins Straßen verschwinden werden.

[T6A2mod]

Ok, dann war das wohl der Presseabschied. Fakt ist aber wohl, daß sie zum Fahrplanwechsel am 13.12. endgültig von Berlins Straßen verschwinden werden.

So ist es! Ab diesem Tag sind alle Busumläufe (Ausnahme ATB-Umlauf Linie 218) behindertengerecht. Die Doppeldecker des Typs DN sollen im März 2010 verschwinden.

[Sithis]

Na ja, zuletzt waren ja eh nur noch 20 SD202 im Umlauf. Und um die DN ist es auch nicht schade. Diese klapprigen Kisten haben ja eh nur wegen ihrer drei Türen länger überlebt.

Der einzelne Umlauf mit einem Büssing DE durch den ATB auf der 218 ist ja so gewollt und auch entsprechend ausgeschildert.

[fahrmidda13]

Mit 9 Jahren konntest du ihn natürlich noch nicht besuchen, da damals ja noch die Mauer stand.

Liegt sicherlich weniger daran. Schließlich hatte ich bis vor ein paar Jahren auch Verwandte im Osten - nicht verwunderlich, kamen doch meine Großeltern mütterlicherseits aus Schlesien. Daher war ich trotz meines hessischen Geburtsortes auch regelmäßig in der DDR.
Ich meinte damit vielmehr, daß ich auch Westberlin seinerzeit eher an einzelnen Punkten festgemacht und mir kein Gesamtbild über die Stadt verschafft habe. Das fing mit steigendem Interesse vielleicht um 1992 an. Nichts desto trotz blieb es bis Ostern dieses Jahres dabei: ich kannte den Imbiß nicht .

Ab diesem Tag sind alle Busumläufe (Ausnahme ATB-Umlauf Linie 218) behindertengerecht.

Wird das offiziell so gesagt? Ich war länger nicht in Berlin, daher die Frage.
Vor einigen Jahren schon wurde ja auf den Farplänen auf "zahlreiche Fahrten mit besonders behindertengerechten Doppeldeckerbussen" (damit waren allerdings noch überwiegend 202er gemeint) hingewiesen .

Nun gut, zumindest hier in Dresden vermehren sich die SD 202 (für Stadtrundfahrten) inzwischen zusehens und werden vermutlich noch eine Weile zurch die Stadt zischen. Außerdem habe ich ja auch noch einen als Erinnerung - allerdings um den Faktor 87 verkleinert .

[Sithis]

Ok, das mit deiner "Beziehung" zur DDR war mir jetzt nicht bekannt .
Jedenfalls: Nun kennst du den Imbiß ja.

Was die SD202 angeht: Erst die Exemplare ab 1988 wurden niederflurig ausgeführt, also lange nicht alle der 468 Fahrzeuge umfassenden Serie. Durch die Lackierung in Uringelb...äh, natürlich Sonnengelb hat die Optik meines Erachtens nicht gewonnen, zumal die Dinger ohnehin eher langweilige Kisten im Wortsinne sind.

Daß die Wagen jetzt die originalen SD verdrängen, ist schade, aber leider wohl auch nicht aufzuhalten. Immerhin dürfte Hodenhagen ja noch eine Bastion der alten SD bleiben, hoffe ich mal...

[T6A2mod]

Ja dies wurde in sämtlichen Medienberichten sogar so übernommen. Dort wurde aber der ATB-Umlauf nicht erwähnt und die Meldungen lauten somit 100% Barrierefreiheit.

[Sithis]

Na ja, wenn man es genau nimmt, ist der Umlauf tatsächlich nicht barrierefrei. Da es sich aber um eine Linie handelt, die ohnehin hauptsächlich als Ausflugslinie dient, weshalb sie in der Woche auch nur alle 2 Stunden und am Wochenende stündlich fährt, ist der Verkehrswert ohnehin nicht so bedeutsam. Außerdem ist der Eingang des Büssing DE immer noch relativ niedrig und das Fahrpersonal kann im Zweifel mit anpacken.

[Sithis]

Übrigens dürften die SD202 wie auch ihre Vorgänger und Vorvorgänger(DE) noch einige Jahre auf Berlins Straßen zu sehen sein. Es gibt mehr als genug Exemplare, die nun ein "zweites Leben" als Sightseeing-Busse für blöde Berlin-Touristen antreten dürfen. Hier mal einer nahe dem Brandenburger Tor(was aktuell verhüllt ist) vor dem Wachsfigurenkabinett.