Absurditäten in Berlin 1: Historische Busse

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Sithis
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Absurditäten in Berlin 1: Historische Busse

Beitrag von Sithis »

Manch einer hat es ja vielleicht mitbekommen, aber für diejenigen, die es nicht wissen, sei es hier mal thematisiert.

In den letzten Jahren spielten sich im Bereich historische Busse in Berlin einige Absurditäten ab, die auch mal wieder ein fragwürdiges Licht auf die "großen" Vereine werfen - und die BVG sowieso.

So gab der DVN Berlin seine historischen Ikarus-Gelenkbusse 280.02 und 280.03 an den kleinen, ausschließlich auf Busse spezialisierten Oldtimer Bus Verein Berlin e.V. ab.
Der 280.02 war ohnehin seit Jahren mehr oder weniger eine Bauruine, zumindest 280.03 war jedoch zum Einsatz gekommen. Im wirklich guten Zustand befand sich der allerdings zuletzt wohl auch nicht.

Nun wollte man auch gerne einen 260 haben - da gäbe es ja den Wagen 5027, der auch noch einsatzfähig wäre - jedoch wollte man den nicht an den Verein abgeben, er ist wohl auch bis zuletzt Eigentum der BVG gewesen. Dafür soll er ins Berliner Technikmuseum.
So oder so scheint mir die Behandlung des Bereiches Bus seitens des DVN sehr fragwürdig. Früher hielt ich den Verein für einen der wenigen in Berlin, wo man anscheinend noch Wert auf Historie legte - mittlerweile hat man diesen Ruf verspielt.
Hinzu kommt ja auch, daß nun mindestens einer der DDR-Doppeldecker wohl einen modernen Motor erhielt...dazu ist wohl kein weiterer Kommentar nötig.

Nun hat der durchaus bemühte OBVB jedoch das ehrgeizige Ziel, dennoch einen 260 zu besitzen. Bis 2015 fuhren in der ungarischen Stadt Kaposvár tatsächlich noch zwei ehemalige Berliner 260, die ich dort 2014 auch mal aufnehmen konnte - zwar umgebaut auf Automatikgetriebe, aber ansonsten relativ unverändert. Diese landeten bei einem ungarischen Zwischenhändler, nachdem der städtische Verkehrsbetrieb die Hochflurflotte durch neue MAN Lion´s City ersetzt hatte.

Nach einigen Verhandlungen und Spendensammlungen konnte man diese tatsächlich erwerben und sie wurden kürzlich nach Deutschland überführt. Dabei plant man einen Rückbau des Getriebes und daß ein Bus Ersatzteilspender sein soll.
Ich bin mal gespannt, ob dieses ehrgeizige Ziel erreicht werden kann. Wäre dem Verein durchaus zu wünschen, da er sich durchaus sehr engagiert.
Daß man dabei diesen umständlichen Weg gehen mußte, extra Busse zurück aus Ungarn zu kaufen, wirft die Frage auf, inwiefern Verkehrshistorie für den DVN und die BVG überhaupt noch was wert ist...

Leider war die Sache auch überschattet durch einen Einbruch in einen der Busse, bei dem man die Türtaster vom Armaturenbrett stahl. Zum Glück kam es zu keinen weiteren Beschädigungen.
Zynismus ist der geglückte Versuch, die Welt zu sehen, wie sie wirklich ist. - Jean Genet

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koneggS
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Re: Absurditäten in Berlin 1: Historische Busse

Beitrag von koneggS »

Ja, mit Vereinen ist es nicht einfach. Auf der einen Seite muss man natürlich überlegen, was überhaupt noch vorhanden wäre, gäbe es die Vereine nicht.
Konzepte, Schwerpunkte etc. stehen und fallen allerdings mit den Kapazitäten, Fähigkeiten und Interessen der aktiven Mitglieder. Je größer ein Verein ist, umso größer sind auch die Streuungen und Vorlieben, aber auch persönliche Befindlichkeiten untereinander. Da die Mitglieder freiwillig und ehrenamtlich tätig sind, steigt dann natürlich auch die Gefahr, dass durch Kindergarten einiger Leute andere in den Sack hauen oder sich woanders engagieren. Das ist natürlich in Firmen, wo die Mitarbeiter bezahlt werden, nicht direkt vergleichbar. Auch wechseln mal Vorstände aus den verschiedensten Gründen, wodurch sich neu orientiert wird und neue Schwerpunkte gesetzt werden.
Nicht zuletzt gibt es auch Missgunst zwischen Vereinen, wenn man der Meinung ist, besonders benachteiligt zu sein oder andere besonders gefördert werden. Mitunter besteht ja wirklich auch eine Konkurenz um Mitglieder, Spenden und Fördermittel.

Insgesamt ist es immer schwierig, solche Konflikte von außen wirklich zu verstehen und bewerten zu können. Oftmals könnten manche Vereine mehr erreichen, würden sie an einem Strang ziehen.

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Sithis
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Re: Absurditäten in Berlin 1: Historische Busse

Beitrag von Sithis »

Die Bestände wurden ja eigentlich rechtzeitig gesichert - oft auch schon zu DDR-Zeiten - was dann teilweise Jahrzehnte später passiert, ist ja wieder eine andere Sache und das Kernproblem.
Selbst als Außenstehender meine ich, daß es nicht nur in Berlin oft besser wäre, käme einfach der Großteil oder gleich als Standmodell in ein Museum und dann wäre die Sache erledigt. Das ganze Gedöns drumherum fiele weg und damit auch diese Plattform von Narzissten und Egomanen, die das nur zur Selbstbestätigung suchen. Wäre zwar schade für diejenigen, die tatsächlich dahinter stehen - aber das sind sowieso zu wenige.
Meine Meinung zu den meisten Vereinen: Man jammert oft über mangelnden Nachwuchs und fehlende Unterstützung, weil man in der eigenen Blase jegliche Kritik(egal ob nun berechtigt oder nicht) immer als "Meckerei" und "Miesmacherei" abtut und sich dann wundert, wenn das auch potenziell Interessierte abstößt - oder wenn sich Neuzugänge nicht von den Bestandsmitgliedern gängeln lassen wollen, was ja durchaus oft vorkommt.
Meiner Ansicht nach sollte das Ziel und Zweck eines Vereins der Erhalt und die Sicherung der "Schützlinge" sein - diese also im Vordergrund stehen, nicht die Befindlichkeiten von Mitgliedern.

An sich wirft es jedenfalls kein gutes Licht auf einen Verein, wenn man nicht mal standardisierte Busmodelle(die Ikarus 200er Serie ist ja nun wegen der hohen Stückzahl kaum als exotisch anzusehen) erhalten kann oder will. Ich meine, fast jede Stadt, wo die früher mal fuhren(so gut wie alle ehemaligen DDR-Städte) hat solch ein Modell historisch erhalten, selbst Privatleute(auch wenn das oft schwer ist) - aber Berlin? Nun ja. Der "große" Verein fällt damit ja schon mal weg.

Der OBVB erscheint mir durchaus als ein engagierter Verein, in dem auch wohl hauptsächlich Busfahrer sind - deshalb hatte ich ihn auch bei der Sache mit einer Spende unterstützt(die man ja auch von der Steuer absetzen kann). Jetzt bleibt abzuwarten, ob in absehbarer Zeit auch tatsächlich einer der 260 im BVB-Lack und mit manuellem Getriebe ausgestattet werden kann. Der bisherige "offizielle" historische Wagen 5027 soll ja angeblich ins Technikmuseum - oder dann doch an den OBVB abgegeben werden, der ihn ursprünglich auch wollte, aber nicht bekommen hat.
Zynismus ist der geglückte Versuch, die Welt zu sehen, wie sie wirklich ist. - Jean Genet

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