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Übersicht über die Straßenbahnbetriebe in Deutschland
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Sithis
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Beitrag von Sithis »

Die wichtigsten Etappen:

1865: Die erste Pferde-Straßenbahnlinie (und das auch deutschlandweit) wird eröffnet, sie verkehrte zwischen dem Brandenburger Tor und Charlottenburg. Ein Wagen aus diesem Jahr ist noch heute erhalten.

1873: Eine weitere Strecke wird eröffnet, zwischen Rosenthaler Platz und Gesundbrunnen. Betrieben wurde sie von der Große Berliner Pferde-Eisenbahn, welche später zur Großen Berliner Straßenbahn werden sollte.

1881: Die erste elektrische Straßenbahn der Welt wird eröffnet. Auf meterspurigen Gleisen verkehrte ein Triebwagen zwischen dem heutigen S-Bahnhof Lichterfelde Ost und der Kadettenanstalt in der Finckensteinallee. Allerdings war das mehr ein Versuchsprojekt, denn die Stromaufnahme erfolgte noch über die Gleise. Daher mußte sie eingezäunt werden, denn es gab auch einige Todesfälle von passierenden Pferden.

1895: Die erste "richtige" Strecke wird eröffnet, und zwar von Siemens und Halske. Wernher von Siemens erlebt dies leider nicht mehr. 1896 tritt bereits die Konkurrenz in Erscheinung, und zwar die GBS.

Folgezeit: Zahlreiche Unternehmen treten nun in Erscheinung und eröffnen Strecken. Anfangs herrscht eine riesige Konkurrenz unter den Betreibern. 1902 verkehren die letzten Pferdestraßenbahnen, in der Folgezeit setzt sich der Elektro-Antrieb mit Oberleitung durch. Bis 1930 konnten sich allerdings auch noch einige Benzol-Triebwagen behaupten.
Auch der zunehmende Autobus-Verkehr wird zu einer starken Konkurrenz.

1924: Endlich kommt es zu einer Vereinigung der verschiedensten Betriebe, inklusive der U-Bahn. Die BVG wird gegründet. Diesen Namen trägt sie noch heute. Das Straßenbahnnetz hatte 634km Streckenlänge erreicht, es fuhren 4000 Triebwagen auf 89 Linien!

In der Folgezeit werden etliche beachtliche Straßenbahnwagen beschafft. Die T24 und die passenden Beiwagen werden in großen Stückzahlen geliefert. 500 Stück von Trieb- und Beiwagen - damit wird diese Gattung prägend für das Stadtbild.

Es gibt auch einige innovative Versuchsträger, die jedoch über ein Prototypen-Stadium nicht hinauskommen. Beipielsweise wurden 1929 zwei Gelenkwagen mit schwebendem Mittelteil geliefert. Einer davon fiel dem 2. WK zum Opfer, der andere fuhr bis zur Einstellung der West-Berliner Straßenbahn 1967 im Verkehr. Er ist heute noch erhalten, leider nicht fahrfähig.

Weitere interessante Wagen waren z.B. der Cape-Hope-Triebwagen, der leider nicht erhalten blieb(es gibt aber Modelle davon).

1945: Wie jeder andere Betrieb auch ist der Berliner Betrieb arg in Mitleidenschaft gezogen worden. Dem Eifer der Bewohner ist es zu verdanken, daß am 20. Mai wieder 328km Streckenlänge betrieben werden konnten.

1949: Am 1. August teilt sich der Betrieb in Ost und West auf. In den Folgejahren gibt es auch viel Streit zwischen diesen beiden. Die BVG-West möchte etwa keinen Betrieb mit Fahrerinnen, was bei der BVG-Ost allerdings üblich ist. Entsprechende Züge werden am Übergang zwischen den Städten aufgehalten. Die Spaltung vertieft sich weiter. Viele kleinere Strecken werden eingestellt.

1954: Der West-Berliner Senat entschließt, statt neuer Straßenbahnen Auto-Busse zu beschaffen und das U-Bahnnetz zu erweitern, die Straßenbahn muß weichen. Bis 1967 wird sie komplett eingestellt. Ein Fehler, der heute noch nachwirkt. Überfüllte Busse, die im Stau stecken, prägen den Stadtverkehr in West-Berlin.
Auch die Beschaffung zweier moderner Großraumzüge kann den Niedergang nicht aufhalten.

Der wirklich letzte Straßenbahneinsatz im alten West-Berlin ist der Einsatz eines Mitteleinstiegswagens auf der stillgelegten U-Bahn-Strecke zwischen Nollendorfplatz und "Türkischer Basar". Verkehrlich ist dies ohne Bedeutung.

Folgezeit: Auch in Ost-Berlin denkt man an eine Stillegung der Straßenbahn, Strecken werden stillgelegt. 1967 wird der Schaffnerbetrieb aufgegeben. Ersetzt werden diese durch Zahlboxen, die bei heftiger Kurbelei auch gerne mehrere Fahrkarten ausspucken.
Allerdings kann sich die Straßenbahn weiter behaupten, so werden ab den 70er Jahren die Neubaugebiete erschlossen.
Auch der Fahrzeugpark wird erneuert: Außer den berühmt-berüchtigten Rekowagen kommen TDE und BDE hinzu. Ab den 70er Jahren erhält man auch Tatra KT4D, später einige KT4Dt, dies wohlgemerkt als einzige Stadt. Die T6A2 und B6A2 werden kurz vor der Wende geliefert und bleiben eine Splittergattung.

1992: BVG und BVB werden wiedervereint, und zwar zur BVG. Es gibt Überlegungen, die Straßenbahn komplett stillzulegen. Doch zum Glück kann sich dies nicht durchsetzen. Stattdessen wird der Wagenpark ab 1994 grundlegend modernisert. Nach Testfahrten mit dem GT6N-Prototypen beschließt man, diese Wagen in Serie zu beschaffen.
Etliche KT4D werden modernisert, bis 1997 sind alle unmodernisierten KT4D modernisiert, verkauft oder verschrottet.

1995 scheiden die TDE, 1996 die Rekowagen und BDE aus dem Linienverkehr aus. 2001 wird der letzte Reko-ATZ ausgemustert, einige davon finden neue Einsatzgebiete in Woltersdorf, Strausberg und Leipzig.

1995: Erstmalig seit 30 Jahren fährt wieder eine Straßenbahn im Westteil Berlins. Und zwar zum Virchow-Klinikum.

2003: Der letzte GT6N (ZR) wird in Betrieb genommen. Berlin besitzt nun 105 Einrichter und 45 Zweirichter. Die Zweirichtungsversion verkehrt vor allem auf der M10, der ehemaligen Linie 20. Dort sind nur Stumpfendstellen vorhanden, an der Warschauer Straße und am S-Bahnhof Nordbahnhof. Weitere Fahrzeuge dieses Typs möchte Bombardier nicht liefern, da sie inzwischen für die Fertigung zuständig sind.

2004: Das Netz wird in Metrolinien und "Restnetz" eingeteilt. Die Metrolinien werden so benannt, weil der Verkehr dem einer Metro(U-Bahn) gleichkommen soll. Dies sorgt gerne Verwirrung bei Außenstehenden. Das "Restnetz" wird etwas stiefmütterlich behandelt. Die Metrolinien hingegen fahren im dichten Takt. Es gibt auch Bus-Metro-Linien. Zu unterscheiden sind die Linien daran, daß die Straßenbahn ein M im eckigen Fenster, der Bus im runden Fenster auf den Haltestellenschildern trägt.

2006: Man beschließt, die verbleibenden Tatra-Bahnen in den nächsten Jahren durch Bombardier-Niederflurbahnen zu ersetzen, die der Flexity-Familie angehören. 2008 sollen die ersten davon kommen, allerdings nur für einen Testbetrieb. Zuvor weilten ein Wiener ULF, ein Incentro aus Nantes und ein Combino aus Potsdam für Testzwecke in Berlin. Der ULF wird nicht beschafft, da die Bahnsteighöhe für die GT6N optimiert ist, insofern wäre der ULF niedriger als die Bahnsteige. Der Combino hat wegen der Krise um dieses Fahrzeug keine Chance gehabt.

2007: Nun werden auch modernisierte KT4D verkauft. 21 Stück gehen nach Stettin. Im Dezember werden die letzten T6A2 abgestellt. Ihre Zukunft ist ungewiß, auch wenn 32 Exemplare nach Stettin verkauft werden konnten. Die Beiwagen möchte scheinbar niemand haben. Durch die Abstellung der T6A2 und Umstellung der damit betriebenen Linien auf Solo-KT4D kommt es zur HVZ zu überfüllten Bahnen, was den Unmut der Fahrgäste stark schürt.

Besonderheiten der Berliner Straßenbahn:
Sie setzt als einziger Betrieb GT6N in Traktion ein.
Mit 191,6km ist es nach wie vor das längste deutsche Netz, allerdings ist die Zahl zur größten Ausdehnung (siehe oben) eher gering.

Die Zukunft:
Auch wenn der BVG-Vorstand Thomas Necker ein ausgewiesener Straßenbahnfeind ist, so hat die Regierung doch zugesagt, keine Strecken stillegen zu lassen. Denn einige Außenäste sind vermeintlich unrentabel. Allerdings sind die Zahlen etwas unglaubwürdig, weiterhin könnten einige Streckenäste durch Ausbau attraktiver werden. Nach wie vor ist etwa der Hauptbahnhof nicht angebunden, was erst 2011 kommen soll. Eigentlich ein Hohn, denn fast jede andere Stadt hat ihren HBF an das Straßenbahnnetz angebunden.

Historische Wagen:
Es sind etliche historische Wagen erhalten. Die fahrfähigen findet man auf http://www.dvn-berlin.de
Alle anderen können im Depot in Niederschönhausen besichtigt werden. Allerdings schwebt auch die historische Fahrzeugsammlung etwas in Gefahr, da dieser Betriebshof verkauft werden könnte.
Es finden mehrmals im Jahr Themenfahrten mit den Wagen statt, die allerdings meistens überfüllt sind. Ich persönlich kann dies nicht empfehlen.

Markante Fotostellen:

Das Berliner Netz ist leider etwas verbaut. Weitwinkel wäre also hilfreich.
Empfehlenswert wären:
Die M10 an den beiden Endpunkten sowie am Bersarinplatz, auf der Neubaustrecke zum Nordbahnhof(relativ wenig Autoverkehr), mit etwas Glück auch die Kreuzung Greifswalder Straße/Danziger Straße.

Die M1 bietet Richtung Rosenthal einige interessante Möglichkeiten.

Der Alexanderplatz ist auch gut zum Fotografieren geeignet, wer allerdings meint, den Fernsehturm mit aufnehmen zu wollen, wird ob dessen Position leer ausgehen. Die Strecke über den Alex selber erfordert ein wenig Geduld, da hier viele Fußgänger unterwegs sind. Dank des dichten Taktes dürfte man aber sicher Erfolg haben. Die neue Stumpfendstelle am Bahnhofsgebäude bietet sich auch an.

Reizvoll ist die Strecke der Linie 68 im Grünen. Auch die anderen "60er" Linien sind nicht ganz so im Getümmel gelegen.
Zynismus ist der geglückte Versuch, die Welt zu sehen, wie sie wirklich ist. - Jean Genet

T6A2mod
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Re: Berlin

Beitrag von T6A2mod »

Also bei den Fotopunkten fallen mir noch einige viele Stellen ein.

Die Linie 68 ist im Abschnitt S-Bhf. Grünau - Alt-Schmöckwitz eigentlich ein Muss für jeden der gute Bilder von der Straßenbahn machen möchte. Es gibt gute Stellen im Waldbereich, dann Ufer des Sees entlang und dann geht es auf das Adlergestell wieder.

Ebenso ist eigentlich das gesamte Netz der Straßenbahn im Bezirk Köpenick empfehlenswert. Es ist für jeden etwas dabei. Ich bevorzuge neben der Linie 68 mehr den S-Bhf. Schöneweide, Schleifenfahrt Hirtestraße, Schleifenfahrt Wendenschloß, Köpenicker Altstadt, die Linie 61 im Abschnitt S-Bhf Friedrichshagen - Rahnsdorf/Waldschänke und die Verbindungsstrecke nach Schöneweide.

Der Alexanderplatz ist auch ein gutes Motiv nur stören dort die vielen Touristen die einfach ohne zu gucken nicht nur durch das Bild laufen, sondern auch auf den Gleisen die Kaffeepausen abhalten wollen (so kommt mir es jedenfalls vor). Die Haltestelle Spandauer Straße/Marienkirche mit Blick zum Alexanderplatz einigt sich schon besser und am Mollknoten kann man auch ein Bild mit dem Fernsehturm im Hintergrund schaffen.

Die Schleifenfahrt Am Kupfergraben ist auch nicht uninteressant. Sonst hat eigentlich jede Linie eine bzw. mehrere interessante Stellen zu bieten, wo sich gute Bilder machen lassen. Man muss halt nur einmal eine Linie abfahren und wird schon seine eigene Stelle finden.

T6A2mod

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Sithis
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Re: Berlin

Beitrag von Sithis »

Daher schrieb ich ja auch, daß die 60er Linien gut sind. Aber ok, Ergänzungen sind ja sinnvoll. Am Alex ist es halt etwas Glücksspiel. Ich konnte schon Bilder ohne Menschenmassen davor machen.
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Sithis
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Re: Berlin

Beitrag von Sithis »

Noch zu ergänzen:

Landsberger Allee - mit etwas Glück kommt kein Auto, weil die Ampel rot ist.

Gleiches gilt für U-Bahnhof Tierpark.

Auch zwischen Möllendorfstraße/Storkower Straße und Paul-Junius-Straße gelangen mir einige Bilder.
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