technische Frage

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Trolley691
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Re: technische Frage

Beitrag von Trolley691 »

Stimmt, das habe ich mich immer gefragt, wie man mit einem Solo-Wagen umgeht, wenn dieser havariert ist.

Wie funktioniert die "Steuerung" solch eines Havariezuges (z.B. Kt4D) eigentlich? Im 2. Tw (Bügel hoch) sitzt ein Fahrer, welcher Aufgaben hat dieser und in wie fern kann der Fahrer im 1. Tw (Bügel runter) noch Einfluss auf dei Steuerung nehmen?

bim
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Re: technische Frage

Beitrag von bim »

Trolley691 hat geschrieben:Stimmt, das habe ich mich immer gefragt, wie man mit einem Solo-Wagen umgeht, wenn dieser havariert ist.
Solange der Wagen rollfähig ist, wird der nachfolgende Zug angekuppelt. Der Fahrer des defekten Wagens löst dann die Feststellbremsen, nach Vereinbarung über die Verständigung (mit Funk, Klingelsignalen oder notfalls mit der Trillerpfeife) setzt er sich vorn hin und gibt das Abfahrtszeichen. Der Fahrer des Schiebezuges fährt dann mit der gebotenen Umsicht und nach den in der Dienstordnung genau festgelegten Regeln den gekuppelten Verband bis in den Betriebshof.
Ist der defekte Wagen nicht rollfähig (etwa bei einer festen Achse), muss die Werkstatt mit größerer Technik anrücken. Da ist der Fahrer raus.
Trolley691 hat geschrieben:Im 2. Tw (Bügel hoch) sitzt ein Fahrer, welcher Aufgaben hat dieser und in wie fern kann der Fahrer im 1. Tw (Bügel runter) noch Einfluss auf dei Steuerung nehmen?
Der Fahrer des vorderen Wagens hat die Verantwortung, beobachtet den Fahrweg, gibt die vereinbarten Zeichen zum Fahren und zum Bremsen, stellt die Weichen. Im Notfall unterstützt er die Gefahrenbremsung mit den ihm verbliebenen Bremsmitteln. Falls die Bordspannung ausreicht, kann er elektrisch gelöste Federspeicherbremsen einlegen und die Schienenbremsen einsetzen.
Der Fahrer des schiebenden Fahrzeugs ist praktisch blind und auf die Signale des Kollegen angewiesen. Im Zweifel wird er sicherheitshalber immer anhalten.
Vergleichbar ist das wie mit einem Auto rückwärts zu fahren mit einem Einweiser.
So long

Mario

Manitou
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Re: technische Frage

Beitrag von Manitou »

Ein Teil der KT4D ist auch dafür ausgelegt, einen im Hochspannungsteil schafhaften 1. Wagen als Steuerwagen ausschließlich über die Kleinspannungsanlage zum Steuern des schiebenden 2. Wagens zu nutzen. So einen Zug habe ich mal in den 80er Jahren in Berlin (also vor der Modenisierung) gesehen. Da saß allerdings kein Fahrer im 2. Wagen.
Es kann sein, daß einige Betriebe es heutzutage vorschreiben, daß auch beim Fahren im Steuerwagen-Betrieb der 2. Wagen besetzt werden muß bzw. daß zwar zwei Solowagen gekuppelt wurden, dennoch vom 1. Wagen gesteuert wurde, der Fahrer des hilfeleistenden Wagens in seinem Wagen sitzen geblieben ist. In welcher Stadt und wann war das? Bei genaueren angaben kann evtl. ein Insider näheres sagen.

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koneggS
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Re: technische Frage

Beitrag von koneggS »

Auch in Dresden gab es bei Havariefällen den Einsatz von "Steuerwagen".

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T3D-Fan
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Re: technische Frage

Beitrag von T3D-Fan »

Manitou hat geschrieben:Ein Teil der KT4D ist auch dafür ausgelegt, einen im Hochspannungsteil schafhaften 1. Wagen als Steuerwagen ausschließlich über die Kleinspannungsanlage zum Steuern des schiebenden 2. Wagens zu nutzen. So einen Zug habe ich mal in den 80er Jahren in Berlin (also vor der Modenisierung) gesehen. Da saß allerdings kein Fahrer im 2. Wagen.
Es kann sein, daß einige Betriebe es heutzutage vorschreiben, daß auch beim Fahren im Steuerwagen-Betrieb der 2. Wagen besetzt werden muß bzw. daß zwar zwei Solowagen gekuppelt wurden, dennoch vom 1. Wagen gesteuert wurde, der Fahrer des hilfeleistenden Wagens in seinem Wagen sitzen geblieben ist. In welcher Stadt und wann war das? Bei genaueren angaben kann evtl. ein Insider näheres sagen.
In Chemnitz gibt es das meines Wissens nach auch. Dort gibt es neben dem "normalen" Schlüsselschalter noch den Havarieschalter als Schlüsselschalter. Damit lies sich dann der Zug trotz bspw. abgezogenen Stromabnehmer des ersten Wagens noch bis in die Werkstatt fahren.

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Paul
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Re: technische Frage

Beitrag von Paul »

[quote="T3D-Fan]
In Chemnitz gibt es das meines Wissens nach auch. Dort gibt es neben dem "normalen" Schlüsselschalter noch den Havarieschalter als Schlüsselschalter. Damit lies sich dann der Zug trotz bspw. abgezogenen Stromabnehmer des ersten Wagens noch bis in die Werkstatt fahren.[/quote]

Der "Havarieschalter" schaltet im jeweiligen Triebwagen die Fahrtrichtungsschützen auf "Null". Die Steuerung bleibt aktiv. Damit lässt sich ein defekter Triebwagen mit dem intakten Triebwagen ziehen oder schieben und es wird keine zweite Person für die Bergung des Havariezuges benötigt.
Zusätzlich schaltet der Havarieschalter im gesteuerten Triebwagen einer Doppeltraktion noch den Notschalter für die Schienenbremsen ein. Im Falle einer Zugtrennung lösen die Schienenbremsen aus und bremsen den Triebwagen fest. Ist wichtig, falls die Federspeicherbremsen im Triebwagen mechanisch gelöst wurden.

Den Stromabnehmer muss man nicht unbedingt abziehen. Ist z.B. nur bei einem Motorschaden nötig, falls der defekte Motor durch einen Kurzschluss den Streckenautomat auslöst. Zieht man den Stromabnehmer ab, müssen die Federspeicherbremsen mechanisch gelöst werden.
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bim
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Re: technische Frage

Beitrag von bim »

Paul hat geschrieben:Der "Havarieschalter" schaltet im jeweiligen Triebwagen die Fahrtrichtungsschützen auf "Null". Die Steuerung bleibt aktiv. Damit lässt sich ein defekter Triebwagen mit dem intakten Triebwagen ziehen oder schieben und es wird keine zweite Person für die Bergung des Havariezuges benötigt.
Die Havarieschalter, in Berlin/Brandenburg "Entstörschalter" oder kürzer "Störschalter" genannt, waren eine Entwicklung eines DDR-Betriebes (weiss jemand, welcher?) und wurden wegen der doch recht häufigen Störungen an den Starkstromausrüstungen flächendeckend bei allen Beschleunigerwagen (T4D, T3D, KT4D) nachgerüstet. Die KT4Dt und T6A2 hatten entsprechendes bereits ab Werk auf dem Entstörtableau.
Paul hat geschrieben:Zusätzlich schaltet der Havarieschalter im gesteuerten Triebwagen einer Doppeltraktion noch den Notschalter für die Schienenbremsen ein. Im Falle einer Zugtrennung lösen die Schienenbremsen aus und bremsen den Triebwagen fest. Ist wichtig, falls die Federspeicherbremsen im Triebwagen mechanisch gelöst wurden.
Das wundert mich jetzt, denn bei jeder Zugtrennung (schon beim Aufklappen eines E-Teils, in Dresden auch die Endschalter der Kupplungen) fällt das Sicherheitsrelais ab, das unabhängig von allen anderen Zuständen des Fahrzeugs das Hauptschütz ausschaltet, die Schienenbremsen/Warnglocke einschaltet, die Federspeicherbremsen (FSB) betätigt. Dasselbe passiert bei Notbremstaster-Betätigung, die in der selben Schleife liegen.
Paul hat geschrieben:Den Stromabnehmer muss man nicht unbedingt abziehen. Ist z.B. nur bei einem Motorschaden nötig, falls der defekte Motor durch einen Kurzschluss den Streckenautomat auslöst. Zieht man den Stromabnehmer ab, müssen die Federspeicherbremsen mechanisch gelöst werden.
Beim KT4D und bei den Leipziger T4D musste der Stromabnehmer unbedingt oben bleiben, um beide Wagen der Traktion mit Fahrstrom zu versorgen. Bei T4D/T3D konnte der Stromabnehmer des defekten Wagens bei Bedarf auch abgezogen werden. Die FSB lassen sich elektrisch lösen, solange genug Batteriespannung vorhanden ist. Mechanisches Lösen der FSB eines Wagens (oder ein offenes E-Teil im Zug) erfordert immer eine Sicherung vor Zugtrennung, etwa ein Sicherungsseil oder die Besetzung mit einem Fahrer, der im Notfall den Zugteil mit den Schienenbremsen festhält und die FSB mechanisch einlegt.
So long

Mario

Manitou
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Re: technische Frage

Beitrag von Manitou »

Beim KT4D (und T6?) kann man auch mit dem Stromabnehmer des 2. Wagens fahren. Ging das auch beim T4D Leipzig?
Probleme verursachte dies nur bei elektrisch über Stromabnehmer gestellten Weichen. (Handstellung, ggf. Antrieb der Weiche abschalten.)

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Paul
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Re: technische Frage

Beitrag von Paul »

Paul hat geschrieben:Zusätzlich schaltet der Havarieschalter im gesteuerten Triebwagen einer Doppeltraktion noch den Notschalter für die Schienenbremsen ein. Im Falle einer Zugtrennung lösen die Schienenbremsen aus und bremsen den Triebwagen fest. Ist wichtig, falls die Federspeicherbremsen im Triebwagen mechanisch gelöst wurden.
Das wundert mich jetzt, denn bei jeder Zugtrennung (schon beim Aufklappen eines E-Teils, in Dresden auch die Endschalter der Kupplungen) fällt das Sicherheitsrelais ab, das unabhängig von allen anderen Zuständen des Fahrzeugs das Hauptschütz ausschaltet, die Schienenbremsen/Warnglocke einschaltet, die Federspeicherbremsen (FSB) betätigt. Dasselbe passiert bei Notbremstaster-Betätigung, die in der selben Schleife liegen.
Bei einer Zugtrennung im lösen nur alle Wagen die noch elektrisch mit dem Steuerwagen verbunden sind die Notbremse aus. Der getrennte Zugteil legt die Federspeicher an. Sind im gesteuerten Triebwagen die Federspeicherbremsen mechanisch gelöst, funktioniert das nicht. Daher der Notschalter für die Schienenbremsen. Diesen Schalter hat der B3D / B3D-M in Chemnitz auch, falls mal die Beiwagenbremsen aufgedreht werden müssen. Aber das ist ja Geschichte.
Errare humanum est. (Wenn es kein Dauerzustand ist!)

Hülsensack
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Re: technische Frage

Beitrag von Hülsensack »

Der Havarieschalter ist eine Neuerung der damaligen EVB (Erfurter Verkehrsbetriebe) und wurde in die Fahrzeuglieferungen ab 1986 serienmäßig schon ab Herstellerwerk eingebaut.

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