Konstal 105

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Trolley691
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Konstal 105

Beitrag von Trolley691 »

Hallo zusammen,

ich war gestern einen Tag in Stettin. Ich bin auch in den Genuss gekommen mit den ehemaligen "Berlinern" zu fahren. Wobei ich finde, dass die Kt4D in einem besseren Zustand sind, als die T6A2. Mir ist aufgefallen, dass nicht alle T6A2, die als 2. Wagen liefen, einen Stromabnehmer haben.

Ich bin auch in den Genuss gekommen, mit einem Konstal 105 fahren. Wenn man bei den unmodernisierten Wagen nicht schnell genug aus der Tür kommt, kann man sich bestimmt blaue Flecken holen, so schnell, wie die zuschlagen.

Sind diese Wagen vor 1989 gebaut worden? Laut RGW war es doch nur TATRA gestattet Straßenbahnwagen für den Ostblock zu bauen, oder?

T6A2mod
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Re: Konstal 105

Beitrag von T6A2mod »

Die Konstal-Wagen sind ab 1974 gebaut worden, wobei die Produktion dieser Fahrzeuge gewissermaßen ein "Lizensbau" vom T1 gleichkommen und deren Grundidee vom KSW abgeschaut wurde. Außerdem war CKD Prag damals so gut ausgelastet, dass man mit der Eigenhilfe aus Polen zufrieden war.

Außerdem wurde die Straßenbahnproduktion in Deutschland (in der DDR) nicht aufgrund des RGW aufgeben, sondern hatte Gotha einfach kein Interesse mehr daran, weil man sich aus der Produktion von Kühlwagen für die Sowjetunion sich mehr Devisen versprach.

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Sithis
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Re: Konstal 105

Beitrag von Sithis »

Ich bin auch in den Genuss gekommen, mit einem Konstal 105 fahren. Wenn man bei den unmodernisierten Wagen nicht schnell genug aus der Tür kommt, kann man sich bestimmt blaue Flecken holen, so schnell, wie die zuschlagen.
Nun ja, wenn eben das Abfahrtsignal nicht funktioniert? :mrgreen:
Gorzow ist auch nicht besser, bei Instandsetzungsarbeiten wurden die Türen oft langsamer gemacht, weil eben zu heftig.
Sind diese Wagen vor 1989 gebaut worden? Laut RGW war es doch nur TATRA gestattet Straßenbahnwagen für den Ostblock zu bauen, oder?
Es gab nicht nur Polen, sondern auch andere Länder, die ungeachtet des RGW-Abkommens selber bauten! Wurde hier schon mal diskutiert. Ganz in Ungarn, Timis in Rumänien.
Die 105N(a) wurden bis 1994 gebaut.

Was übrigens noch zu klären ist, sind die 105N2k nun Neubauten oder doch nur Modernisierungen? Irgendwie widersprechen sich da die Angaben. Jemand hier im Forum bestand darauf, daß es Neubauten sind, aber im Netz findet man auch Hinweise, daß es tatsächlich nur eine aufwendige Modernisierung ist.
Zynismus ist der geglückte Versuch, die Welt zu sehen, wie sie wirklich ist. - Jean Genet

Manitou
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Re: Konstal 105

Beitrag von Manitou »

T6A2mod hat geschrieben:Die Konstal-Wagen sind ab 1974 gebaut worden, wobei die Produktion dieser Fahrzeuge gewissermaßen ein "Lizensbau" vom T1 gleichkommen und deren Grundidee vom KSW abgeschaut wurde. Außerdem war CKD Prag damals so gut ausgelastet, dass man mit der Eigenhilfe aus Polen zufrieden war.

Außerdem wurde die Straßenbahnproduktion in Deutschland (in der DDR) nicht aufgrund des RGW aufgeben, sondern hatte Gotha einfach kein Interesse mehr daran, weil man sich aus der Produktion von Kühlwagen für die Sowjetunion sich mehr Devisen versprach.

Es war nicht das mangelnde Interesse, sondern die Anweisung des zuständigen Ministeriums (Minister für Schwermaschinenbau?), daß auch den Lokmotivbau Babelsberg in einen Zulieferer für die Schiffbau-Industrie umprofilierte. Die CSSR baute auch weiter eigene Dieselloks, die RGW-Richtlinien hatten nur Empfehlungs-Charakter.

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Möckern-Peter
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Re: Konstal 105

Beitrag von Möckern-Peter »

Wobei die Deutsche Demokratische Empfehlungen gern als unbedingte Weisungen respektierte...

Richtig ist natürlich, dass nicht WG als Produzent, sondern die VVB Schienenfahrzeuge die Umprofilierung in devisenträchtigere Kühlwagen forcierte.
Straßenbahnen hatten sich nicht devisenbringend verkaufen lassen, da sie stets dann das Licht der Welt erblickten, wenn die DÜWAG schon einen Schritt weiter war. Andererseits wären bei Devisenträchtigkeit wohl kaum Straßenbahnen in der DDR geblieben...
Hinzu kam, dass Dresden ja sein T3-Experiment in den höchsten Tönen lobte; damit konnte das Ministerium dann sagen: na also, wenn das die Straßenbahnbetriebe selbst sagen...

Vom T1 ist beim 105N nur die Elektrik: es ist ein Beschleunigerwagen. Der Wagenkasten gehört - s. Anfangsbaujahr - in die T5(KT4)-Epoche.
Ein Zusammenhang mit KSW sehe ich nun aber gar keinen, da dies simple 2-achser in üblicher Länge (10m +cm) mit Kurbelschalter waren. Der 105N ist auch nicht der Folgetyp des vom KSW hergeleiteten N bzw. 4N, da dazwischen erstmal die Warschauer 13N und die 102N (eine Art K2 mit T1-Optik) aus Chorzow kamen.
Produzent ist die ehem. Waggonfabrik Königshütte, deren Eigentümer zur deutschen Zeit mir nicht bekannt ist.
Die 105N hatten wegen ihrer anfänglichen Vollverglasung, im Plattformbereich, über den Türen usw. den Spitznamen "akwarium", die 102N mit der sehr unpassenden kantigen Front hießen "kwadratski"; ob der normale 102N mit PCC-Front einen Spitznamen hatte, weiß ich nicht.
Stettin hat im Technikmuseum Niemierzyn einen 102N aufgehoben, Danzig einen gebrauchten Breslauer zwecks Htw.-Umbau erworben. Denkbar ist daher, dass auch Breslau einen behält: 2010 standen noch 4 im Bf.Borek. Wer sonst noch 102N aufgehoben hat, weiß ich nicht.

Eija, die Türen haben auch unterarmdicke Türgestänge: fragilere Konstrukte würden bei dem Auf- und ZuSCHLAGEN mit Sicherheit "fragilieren"... :lol: , da dies nicht nur mit Kraft sondern auch Geschwindigkeit vor sich geht.
(Das müsste in Leipzig in die Nf-Wg. !!!)
Abfahrtssignale hat der 105N z.T. optisch, z.T. akustisch, z.T. beides. Dass, was dran ist, funktioniert, kann man nicht davon ausgehen...! Wie die Werksaurüstung von KCh war, weiß ich nicht - dass er völlig sicht- und tonlos war, ist in der nach-Schaffner-Zeit auch in Polen eher nicht anzunehmen.

Konstal* Chorzow gehört heute zu Alst(h)om.
*Konstrukcija i stalowa budownia - Kostruktion und Stahlbau(erei) - wer das S großschreibt, tut sinn- und rechtschreibgemäß nichts verkehrtes.

Bei den Berliner T6 mit E-Stromabnehmern beachte man bitte, dass diese (wie bei anderen Typen z.T. auch) abgezogen wie nicht vorhanden aussehen! Dass in Stettin zweite abgebaut wurden, ist nicht bekannt. Da die Traktionen keinen zweiten benötigen und als feste Paarungen verkehren (221-222; 1209-1210), wäre es allerdings mögllich. Ggf. brauchte man aber auch nur einen für einen Führungswagen; wann der geführte wieder einen erhält, bleibt offen (es geht ja auch so...) Dieses Selbstverständnis beschert uns nach Jahrzehnten mittlerweile auch 1000 Untertypen 105N, da - z.B. in Stettin! - kaum 2 105N gleich ein Ei dem anderem sind...
Wenn alle Betriebe nur T6/KT4(t)/KT8 verwenden würden, wäre die Welt eintöniger. Schöner wäre sie trotzdem!

Zazní-li výstraha, opust'te dverní prostor!

Kava je balzam za srce in duso. (slowen.: Kaffee ist Balsam für Herz und Seele) Giuseppe Verdi
Gustav Mahler ergänzte: Hier ist es wunderherrlich und repariert ganz sicher Leib und Seele.

Prosimo se med voznju ne pogovarjete z voznikom!

Kein Sarkasmus liegt mir völlig fern :-)

Der frühe Vogel kann mich mal... (am Abend treffen - was sonst!)

105Na
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Re: Konstal 105

Beitrag von 105Na »

Möckern-Peter hat geschrieben: Die 105N hatten wegen ihrer anfänglichen Vollverglasung, im Plattformbereich, über den Türen usw. den Spitznamen "akwarium", die 102N mit der sehr unpassenden kantigen Front hießen "kwadratski"; ob der normale 102N mit PCC-Front einen Spitznamen hatte, weiß ich nicht.
Ich hoffe, ich darf ergänzen bzw. berichtigen :wink:

Der 102N und 802N (Meterspur) wurde "kanciak", in einigen Teilen Polens auch "kanciok" genannt, eben wegen dieser furchtbar kantigen Front. "Kwadratski" kann in dieser Form nicht stimmen, da das kein polnisch ist :wink: Möglich wäre lokal die Bezeichnung "kwadracik", was kleiner Quadrat bedeuten würde, ist mir aber bislang nirgendwo untergekommen.

Der 102Na und 102NaW/803N (Meterspur) wurde in der Regel "kondon" (also Kondom), manchmal auch "torpeda" (Torpedo) genannt. Verantwortlich ist natürlich die Form :) Da er aber durch sein Ausscheiden aus dem Liniendienst viele Fans in Polen hat, nennt man ihn i.d.R. einfach liebevoll "stodwójka" (ausgesprochen "stodwujka", heißt einfach "Hundertzwei") :wink:

Der 105N/2, auch als 115N bezeichnet, hatte den Spitznamen "glizda", also "Wurm". Da es ein Einzelstück war und nur in Poznań fuhr, hat man den Spitznamen "glizda" in anderen Teilen des Landes gelegentlich für Züge aus 2x 102N/Na oder 2x 102NaW/803N/802N verwendet.
Heute verwendet man diesen Spitznamen nur noch selten, u.a. manchmal in Kraków für den Protram 405N-Kr, der aus drei 105Na entstanden ist. http://pl.wikipedia.org/wiki/Plik:Krakow_405N-Kr.JPG

Der Spitzname "akwarium" für den 105N/Na und 805N/Na (Meterspur) ist sogar unter Nicht-Straßenbahnfans in Polen bekannt. Fans sagen häufig auch analog zur 102Na-Bezeichnung "stopiątka/osiemsetpiątka" ("Hundertfünf/Achthundertfünf").

Der 13N wird in der Bevölkerung genauso wie unter Fans "parówka", also "Würstchen" genannt. Das kommt, weil die Wagen in 2er- und 3er-Zügen an eine Würstchenkette erinnerten.

Der 105N2k/2000 wird aufgrund seiner runden Front als "bulwa", etwa "Beule" bezeichnet. Aufgrund der Zeit ihrer Herstellung (2001) und der Tatsache, dass die Bevölkerung in Warszawa und Szczecin Niederflurfahrzeuge erwartete, wie sie u.a. in Poznań und Kraków immer zahlreicher erschienen, sind diese Wagen bis heute sehr unbeliebt.

Was die Produktion des 105N/Na betrifft:
Der 105N/805N wurde von 1973-1979 hergestellt (das war die Version mit zusätzlicher Verglasung über den Türen und unter der normalen Frontverglasung).
Den 105Na/805Na baute man von 1979 bis 1992. Das ist die Version, die man bis heute kennt. Die zusätzlichen Glasflächen unterhalb der normalen Frontverglasung hat man entfernt, nachdem sich Straßenbahnfahrerinnen zahlreich darüber beschwert haben, dass man ihnen unter den Rock schaut :lol:
Nach 1992 gab es diverse Bestellungen von Neufahrzeugen des Typs 105, welche dann als 105Nb, 105Ne,... bezeichnet wurden. Äußerlich unterschieden sie sich kaum vom echten 105Na; meistens war es die Technik, an der etwas geändert wurde. Außerdem zeichneten sich die Fahrzeuge durch eine höhere Herstellungsqualität aus (Türen waren dicht und quietschten und knallten nicht bei Neufahrzeugen, die Wagen liefen ruhiger).
Nachdem mit dem 112N und 114N sowie einer Serie von 116N (Warszawa, Gdańsk, Katowice) bereits Niederflurfahrzeuge bei Konstal hergestellt wurden und man die 105N-Produktion für beendet hielt, bestellten die Betriebe in Warszawa und Szczecin in 2001 überraschend 76 neue 105 (sowie 6 fabrikneue Beiwagen für Szczecin in 2007, allerdings nicht bei Konstal, sondern bei Protram Wrocław). Diese endgültig letzte Serie wurde als 105N2k/2000 bezeichnet und tatsächlich neu hergestellt. Danach war aber auch wirklich Schluss mit 105ern ;)

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