BR485 - 16 Wagen reaktiviert, weiterhin Chaos bei der S-Bahn

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Sithis
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BR485 - 16 Wagen reaktiviert, weiterhin Chaos bei der S-Bahn

Beitrag von Sithis »

Zwar nicht mehr ganz so aktuell, aber dennoch erfreulich: Die S-Bahn Berlin reaktiviert 16 BR485 Wagen, da aktuell ein Wagenmangel herrscht. Zwar ersetzen diese Wagen vorerst wohl auch nur 485er, die mit Mängeln(Rissen im Boden) abgestellt werden müssen, aber dennoch, diese Wagen gehen erstmal nicht in den Ofen.

Aktuell herrscht ohnehin ein ziemliches Chaos bei der S-Bahn. Ständige Ausfälle sind an der Tagesordnung. Insbesondere auf den Außenästen mit 20-Minuten-Takt spürt man dies. Dann fällt eben mal ein Zug aus und die Leute dürfen 40 Minuten warten.
Reserven sind ja nach Meinung der Betriebsleitung überflüssig, da läßt man eben Züge ausfallen. Wobei es ja ohnehin kaum Reserven gibt, der 485er Bestand wurde stark dezimiert, auch gingen schon einige 480er in den Schrott und die 481er haben derzeit - mal wieder - Probleme, aktuell mit den Rädern. Daher müssen die Fahrzeuge auf einigen Linien schon mit Kurzzügen verkehren.

Derzeit dürfen alle S-Bahnen generell nur 80km/h fahren, was sich bei längeren Stationsabständen durchaus negativ bemerkbar macht.

Auch streikt gerne mal die Signaltechnik oder es gibt Probleme mit den Weichen. Insgesamt wurden zu wenig Vorbereitungen auf den Winter vorgenommen.

Die BVG fordert inzwischen auch Ausgleichszahlungen durch die Ausfälle bei der S-Bahn, da sie ja auf den Parallelstrecken die Mehrbelastung auffangen muß.

Man sieht sehr gut, wie sich die S-Bahn unter der Führung der DB zu einem äußerst profitlüsternem Unternehmen gewandelt hat. Die Wartung wurde auf ein Minimum reduziert, außerdem muß das EBA eingreifen, um mangelhafte Fahrzeuge abzustellen oder eine Reparatur anzuordnen.

Ich kenne auch einige Leute, die wegen dieser ganzen Probleme wieder mit dem Auto fahren. Da aktuell die Spritpreise ja wieder auf einem vergleichsweise erträglichem Level sind, sind die Kosten für eine Monatskarte ABC Berlin und die Spritkosten ungefähr gleichauf, teils sogar mit Vorteil fürs Auto.

Wenn die S-Bahn nicht aufpaßt, kann sich der Trend wieder ganz schnell gegen sie wenden.
Vor 15-20 Jahren gab es solche Probleme noch nicht. Die robuste alte Technik der Altbaureihen verkraftete die Kälte wesentlich besser und auch sonst war alles weniger problematisch. Früher konnte man direkt von Pankow nach Oranienburg durchfahren, später mußte man in Birkenwerder umsteigen. Inzwischen fahren die Züge ja nicht mal mehr nach Birkenwerder, sondern enden in Hohen-Neuendorf.
Zynismus ist der geglückte Versuch, die Welt zu sehen, wie sie wirklich ist. - Jean Genet

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koneggS
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Re: BR485 - 16 Wagen reaktiviert, weiterhin Chaos bei der S-Bahn

Beitrag von koneggS »

Inzwischen verlangt der Besteller (berechtigterweise) Rückzahlungen von der S-Bahn für Ausfälle, ich glaube mal was von 8 Euro pro ausgefallenem Kilometer.

Die Reaktivierung einiger 485er dient, wie bereits erwähnt, vorwiegend dem Ersatz einiger 485er, die sich den Combino als großes Vorbild ausgesucht haben, die Zahl der betriebsfähigen Züge dürfte dabei kaum steigen.

Bei der Deutschen Bahn muss ja bekanntlich gespart werden, um so hohe Umsätze wie möglich zu machen. Natürlich erwartet man keine Wunder (beispielsweise das Fahren von nicht bestellten [bezahlten] Leistungen/Verstärken von Zügen, war hier ja schon Thema), allerdings kann man schon erwarten, dass das Bestellte auch gefahren wird. Natürlich kann immer mal spontan ein Zug wegen eines kurzzeitig aufgetretenen Fahrzeugdefekts oder einer Streckenstörung ausfallen, das hat es immer gegeben und wird es immer geben, wenn es jedoch schlicht an einer Fahrzeugreserve und mangelhaften Vorbereitung auf den Winter mangelt ("Kann ja keiner ahnen, dass es weniger als 10°C werden"), sollte man da ernsthafte Konsequenzen ziehen, auch personell in der Plüschetage. Man spart Millionen durch die Abbestellung der Rotkäppchen bei DB Station&Service, "optimiertere" Dienstpläne bei den Tf uswusf, damit man einen schönen Gewinn (war der nicht sogar 9-stellig, oder wenigstens 8-stellig?) an den Krawattenbunker am Potsdamer Platz abliefern kann.

Das ist leider nicht nur (!) die Schuld der DB, sondern auch der kompletten Bahnreform. Diese bestand/besteht ja nicht nur aus Verschmelzung von Bundesbahn und Reichsbahn, sondern auch in der Öffnung des Schienenverkehrs für private Unternehmen.

Schön und gut, auch ich bin der Meinung, dass der Transport von Gütern privatwirtschaftlicher und gewinnorientierter Unternehmen keine Sache einer Behörde ist, aber beim Personenverkehr sehe ich da schon eine gewisse Aufgabe des Staates, des Bundeslandes, des Landkreises, der Kommune oder was weiß ich, auch sieht es so mit dem Schienennetz aus. Zwar gehört die DB ja noch dem Staat, aber sie kann man eher als normales Unternehmen sehen. Das Schienennetz verkommt größtenteils, Bahnhöfe (nicht nur die Gebäude, auch die betrieblichen Anlagen wie Überhol- und Abstellgleise etc) werden rückgebaut, denn die Stahlpreise waren ja hoch. Wer kann bei einem stetig wachsenden Schienenverkehr (auch aktuell in der "Krisenzeit" noch) denn ahnen, dass man die noch benötigen würde!?
Da machte man beim Verkauf des Stahls schön Gewinn, um die Gleise jetzt wieder MIT FÖRDERMITTELN aufzubauen.
Das nur als Beispiel.
Es wird höchste Zeit, dass das Netz vom DB-Konzern getrennt und einer Behörde zugeführt wird, damit sich diese Zustände endlich ändern.

Ähnlich sieht es beim Personenverkehr aus. Die Geldgeber für Personennahverkehr, also die Landkreise/Landesnahverkehrsgesellschaften/Verkehrsverbünde (läuft alles aufs gleiche raus, aber von Bundesland zu Bundesland verschieden) wurden Anfang der 90er von der DB noch an irgendwelche teuren Knebelverträge gebunden (Damals gab es noch keine Konkurrenz...), welche in der heutigen Zeit mehr oder weniger langsam auslaufen. Da man inzwischen aus Kostengründen nicht mehr nach Belieben einfach ein EVU beauftragen darf/kann/will, wird dann halt eine Ausschreibung gemacht, die in den seltensten Fällen zu Gunsten des "Roten Riesen" ausfallen, Gründe sind zum einen gemachte schlechte Erfahrungen und/oder hohe Preise. Von der DB werden die hohen Preise häufig mit den Personalkosten für Tf und ZuB begründet, was im Prinzip absoluter Schwachsinn ist. Außer großteils in den neuen Bundesländern (leider) sind die Gehälter der "ausführenden Bediensteten" ähnlich oder gar besser als die der DB, genannt seien hier mal (zumindest für Tf) der ALEX , Metronom und Eurobahn.
Gründe liegen hier hauptsächlich in kleineren Wasserköpfen [Verwaltung] der Privaten. Während man bei der DB mehr mit Umstrukturieren etc. beschäftigt ist, was auch massig Geld verpulvert und auch erfahrungsgemäß nur von kurzer Dauer ist (Mal schnell zu Ralion rübergeschaut, oder wie heißt der Laden gerade? Jedenfalls dürfte seit 1998 an der Zentrale in Mainz inzwischen das sechste oder siebte Logo prangern). Dieses Geld muss ja irgendwo herkommen.

Und hier wären wir wieder bei der Berliner S-Bahn angekommen ;-). Ausschreibungen, die die DB gewinnen konnte, bringen trotzdem viel weniger Geld als die gleichen vorher erbrachten Leistungen.
Also muss man aus den aktuell noch alten Verkehrsverträgen saftig Gewinn rausholen, um trotzdem noch den ganzen Scheiß bezahlen zu können, da muss bei gleich bleibenden Zuschssen halt die Betriebsreserve & Personal abgebaut werden, man braucht ja das Geld.

Teilweise hat man dem ja auch schon etwas entgegengearbeitet, z.B. bei den Regionetzen. Diese sind relativ eigenständige, kleinere Eisenbahngesellschaften im DB-Besitz, welche ähnlich den Privatbahnen abgespeckte Verwaltungen haben und Leistungen auf bestimmten Netzen erbringen, ähnlich der Privatbahnen. Meist steht da ein altes BW der Bahn im "Betriebsmittelpunkt". Durch diese Regionetze hat man ja schon gezeigt, dass man auch relativ kostengünstig Regionalverkehr erbringen kann, der trotzdem zufriedenstellend für die Kunden ist. Aber leider hat man ja diese sogenannte "Mittelstandsoffensive" gestoppt, weil man mit wichtigeren Dingen beschäftigt ist. (Umstrukturieren etc.)

Und noch was zum Thema Fernverkehr: Nach Grundgesetz ist es Pflicht des Staates, einen Fernverkehr für ganz Deutschland zu garantieren. Die DB hingegen hat sich ja von den "unlukrativen" Relationen zurückgezogen, bestes Beispiel sind fast alle D-Züge, Interregios, der größte Teil der Nachtzüge und ein auch nicht zu verachtender Teil der IC.
Das Resultat ist, dass zig größere Städte und ganze Regionen vom Fernverkehr abgeschnitten sind. Auch hier sollte der Staat eingreifen.
In Schweden hat man ja auch eine Bahnreform durchgedrückt, und hier zahlt der Staat (nach Ausschreibung) den Fernverkehr auf unwirtschaftlichen Relation. Da sollte man sich in Deutschland mal ne Scheibe abschneiden...Aber kostet ja alles Geld...

:arrow: Huch, der Beitrag wurde ja nun doch recht lang und etwas OT, aber ich hoffe man verzeiht mir :-)

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Sithis
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Re: BR485 - 16 Wagen reaktiviert, weiterhin Chaos bei der S-Bahn

Beitrag von Sithis »

Ok, OT gehört hier ja quasi zum guten Ton :lol: .

Was die "optimierten" Dienstpläne angeht, ist das bei der S-Bahn aber tüchtig nach hinten losgegangen. Viele Tf haben sich daraufhin nämlich krankschreiben lassen - um unangenehmen Arbeitsbedingungen zu entgehen, beispielsweise daß ein Tf, der in Köpenick wohnt, zum Dienstbeginn nach Marzahn kommen muß.

Meines Erachtens nach hätte es nicht geschadet, wenn die S-Bahn nach der Wende bei der BVG geblieben wäre. Die BVG mag zwar kein mustergültiger Laden sein, kriegt vieles aber immer noch besser auf die Reihe als die S-Bahn. Dann hätte es auch keine Querelen wegen der gewissen Konkurrenz untereinander gegeben, die ja immer noch herrscht.

Im Übrigen ist die DB auch nicht dazu imstande, einem der ältesten betriebsfähigen Züge der S-Bahn eine HU zu spendieren, das muß eh alles der komische Verein(HISB) machen, da sieht man auch mal, das große Töne von wegen "Tradition seit 150 Jahren" und die Traditionspflege in der Praxis zwei verschiedene Dinge sind.

Ok, ich schreibe morgen weiter, mehr fällt mir erstmal nicht ein ;-) .
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