Görlitz - HTW 29 (SZ-Artikel)

Rund um das Thema historische Straßenbahnfahrzeuge und Museumsstraßenbahnen
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Daniel Kramer
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Görlitz - HTW 29 (SZ-Artikel)

Beitrag von Daniel Kramer »

Quelle: SZ:18.02.2009 Görlitz
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Der rote Oldtimer setzt der Görlitzer Straßenbahn ein technisches Denkmal
Von Erich Feuerriegel
Eine Serie widmet sich den bestehenden und den vergessenen Denkmalen. Heute: Straßenbahn Nr. 29

Bei jedem Einsatz ist die alte Straßenbahn Nummer 29 ein Blickfang auf den Schienen.

In Görlitz vollzog sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine stürmische wirtschaftliche und technische Entwicklung. Es entstanden neue Stadtteile, und die Bevölkerungszahl stieg stetig an. Die Zahl der Eisenbahnanschlüsse von Görlitz aus nahm ebenfalls zu.

Aus dieser Entwicklung heraus ergaben sich auch zwingende neue innerstädtische Verkehrserfordernisse. Bereits seit 1849 erfolgten in der Lüderschen Waggonbau-Anstalt Görlitz Zulieferungen für Straßenbahnfahrzeuge zu anderen Firmen. Vom Nikolaigraben bis zum Bahnhof verkehrte in unserer Stadt ab 1882 die erste Pferdebahn. 1897 bzw. 1899 bezog dann die Görlitzer Straßenbahn die komplette Erstausstattung von der nunmehrigen Aktiengesellschaft für Fabrikation von Eisenbahn-Material zu Görlitz.

Fahrer stand immer im Freien

Nach der Entwicklung von stromgetriebenen Fahrzeugen stellte die AEG 1897 ihr Verkehrsangebot auf elektrischen Betrieb um. Im gleichen Jahr wurde der heutige Oldtimer-Triebwagen 29 der Görlitzer Verkehrsgesellschaft von der Firma Steinfurt aus Königsberg (heute Kaliningrad), ursprünglich für die Stadt Bromberg (heute Bydgoszcz/Polen) gebaut. Die Straßenbahnen mit den Nummern 33 bis 36 wurden für Görlitz erworben.

Diese 7,61 Meter langen, vorn und hinten jeweils mit einem offenen Perron ausgestatteten und mit einem AEG-Motor versehenen Triebwagen, galten in der Form als fünffenstrige Einheitswagen. In ihrem Inneren befanden sich 16 Sitz- und 26 Stehplätze. Diese Fahrzeuge waren in Görlitz auf allen damaligen Strecken des Liniennetzes eingesetzt. Auf provisorischer Gleistrasse wurde 1905 sogar zur Niederschlesischen Gewerbe- und Industrieausstellung ein Sonderbetrieb zum Ausstellungsgelände organisiert. Da hierfür die vorhandenen Fahrzeuge nicht ausreichten, mussten Trieb- und Beiwagen aus anderen Unternehmen ausgeliehen werden.

Nach dem Ausstellungseinsatz verblieb der Triebwagen Nr. 29 im Bestand der Görlitzer Straßenbahn. Dieser damals noch mit der Betriebsnummer 36 bezeichnete Triebwagen war bis 1926 im Personenverkehr im Einsatz. Die Spur des Wagens Nr. 33 verliert sich um 1915. Die übrigen drei Wagen wurden 1911 durch Zusammenfassen der jeweils äußeren beiden Seitenfenster zu einem breiten Rundbogenfenster einer Änderung unterzogen. Zunächst noch mit hellem Anstrich dienten sie in Görlitz ab 1926 unter den Nummern 1 bis 3 als Sonderfahrzeuge.

Zehn Jahre später erhielten sie halbgeschlossene Perrons und wurden mit der für Arbeitswagen typischen grünen Farbe versehen. Bei der Nr. 3 wurden zusätzlich Vorrichtungen zum Bergen havarierter Fahrzeuge eingebaut. Bis 1956 dienten die Wagen 1 und 2 im Gleisbau als Zug- und Transportfahrzeuge. Der Arbeitswagen Nr. 3 fand ab dieser Zeit bis Anfang 1968 noch als Hilfs- und Bergetriebwagen Verwendung.

Zur 900-Jahr-Feier von Görlitz im Jahr 1971 setzte man den Triebwagen als Oldtimer Nr. 29 annähernd in den Zustand von vor 1911 zurück. Er prägte damals als historischer Straßenbahnwagen das Bild der Stadt. Mit ihm entstand auf diese Weise der historische Wagen Nr. 29, welcher – mit Ausnahme der Farbgebung, der Betriebsnummer und dem mittlerweile aufgesetzten Scherenstromabnehmer – dem für die Stadt Bromberg erbauten Wagen entspricht.

Motor ist noch original

Er ist heute das älteste im Besitz der Verkehrsgesellschaft Görlitz (VGG) befindliche Fahrzeug und kommt zu besonderen Anlässen wie Hochzeiten gelegentlich als Mietfahrzeug noch zum Einsatz.

Noch immer leistet der Originalmotor dabei seine Dienste. Allerdings ist der Einsatz zwischen den heute modernen Tatra-Bahnen schwer zu koordinieren, da diese beim Bremsen Strom in das Netz zurückspeisen, was bei der guten alten „29“ zu nur schwer zu verarbeitenden Stromspitzen führt.
--------------Ende des Artikels--------------

Von mir noch ein Foto des HTW 29:
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