Reisebericht in Bildern --- Teil 3 --- Kaliningrad

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Tram1212
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Reisebericht in Bildern --- Teil 3 --- Kaliningrad

Beitrag von Tram1212 »

Kaliningrad respektive Königsberg i. Pr. (Exklave Russland)

Königsberg (amtlich bis 1936 Königsberg i. Pr., dann bis 1945 Königsberg (Pr)) war von 1457 bis 1945 Hauptstadt des östlichen Preußen (Deutschordensland, ab 1525 Herzogtum Preußen, ab 1773 Provinz Ostpreußen). Im Zweiten Weltkrieg wurde die Stadt fast völlig zerstört, von der Sowjetunion erobert und annektiert. Königsberg (russisch: Кёнигсберг) war bis 1946 der Name des heutigen Kaliningrad, das von zugewanderten Russen, Weißrussen und anderen Volksgruppen aus der damaligen Sowjetunion sowie deren Nachkommen besiedelt ist. Die letzten deutschen Bewohner wurden 1948 vertrieben. Seitdem ist die Stadt Verwaltungssitz der russischen Exklave Oblast Kaliningrad.

Kaliningrad (russisch Калининград, litauisch Kaliningradas) ist seit 1946 der Name der ehemaligen ostpreußischen Hauptstadt Königsberg (litauisch Karaliaučius, polnisch Królewiec, russisch Кёнигсберг). Kaliningrad ist die Hauptstadt der Oblast Kaliningrad, einer russischen Exklave zwischen Polen und Litauen mit Zugang zur Ostsee. Die Stadt ist Verkehrsknotenpunkt sowie Wirtschafts- und Kulturzentrum mit Universitäten, Hochschulen, Forschungsinstituten, Theatern und Museen.
Die Stadt wurde nach Michail Kalinin in Kaliningrad umbenannt, ohne dass es einen Zusammenhang zwischen ihm und dieser Stadt gab. Das heutige Kaliningrad hat 423.651 vorwiegend russische Einwohner (Stand: 1. Januar 2006). Quelle Wikipedia

Lediglich 4 Tage verbrachten wir in Kaliningrad. Wäre es nach mir gegangen hätten wir lediglich soviel Zeit dort verbracht, wie es gedauert hätte bis wieder ein Zug aus Kaliningrad fährt. Ich möchte behaupten schon einige Städte erlebt zu haben allerdings noch nie eine solch trostlose und entmutigende wie Kaliningrad. Ich muss dazu sagen, dass wir mit dem Bus aus Riga gekommen sind und seit der Einreise in die Exklave aus dem staunen (wahlweise entsetzen) nicht mehr heraus gekommen sind. Man mag es mir verzeihen aber e machte den Eindruck als wenn die Wehrmacht gerade das Feld geräumt hat und jeden Augenblick die Rote Arme aufschlägt.

Von einem Busbahnhof kann eigentlich auch keine Rede sein. An einer großen Ausfallstraße hielt unser Bus und wir standen quasi im nichts. Ab und zu fuhr mal ein Auto (es war 7 Uhr morgens!) und zum Glück auf eine Obus. Den Bus (russisches Standartfabrikat) mag ich nicht näher beschreiben!

Leider bin ich der russischen Sprache nicht mächtig und habe noch bevor wir einfach in den erst besten Obus gestiegen sind Passanten nach dem mir bekannten Wort Zentrum gefragt. Tja was heißt wohl Zentrum auf Russisch! Zirkus-das habe ich mir anschließend sagen lassen! Ich hoffe das stimmt auch. Damit konnten wir nicht weit kommen. Also einfach in den erst besten Obus und los! Nur anhand des Königsberger Dom haben wir die Innenstadt gefunden bzw. erkannt! Naja wir sind dann im besten Hotel der Stadt „Kaliningrad“ abgestiegen und sind auch gleich dem Scharm des 80er Jahre Ikeainterieurs erlegen.

Das ursprünglich als Haus der Räte gebaute und nie vollendete Gebäude auf dem ehem. Königsberger Schlossen wird bzw. muss wegen Setzrissbildung abgerissen werden. Ob man allerdings das Schloss, wie in den euphorischen Stadtjubiläumsplänen, wieder aufbauen wird bleibt wohl ein Märchen. Extra für das Jubiläum wurden Fenster eingebaut und die Bauruine frisch gestrichen. Ich sage nur Potjomkinsche Dörfer!

Da uns das Wetter teilweise einen Strich durch die Rechnung gemacht hat sind leider fast alle Fotos eher Regenaufnahmen. Im Grunde war uns hier – anders als in St. Petersburg und Riga – das Interesse lediglich an der Straßenbahn gelegen. Natürlich haben wir uns trotzdem die (noch erhaltenen) Sehenswürdigkeiten wie den Königsberger Dom, die Börse (jetzt Kasino - ums Geld geht’s dort also immer noch), das Königs- und Friedrichsburger Tor, den Hauptbahnhof und die ehem. Stadthalle angesehen. Nun zu den wichtigen Sachen und ich hoffe ich gehe nicht zu negativ eingestellt an die Beschreibung. Man mag mir meine schlechte Meinung zu dieser Stadt entschuldigen.


Zustand
In einem Wort: Katastrophal. Auch das Stadtjubiläum brachte der Straßenbahn bis auf einen neuen Anstrich nicht viel Verbesserung. Die Gleise sind mehr als ausgefahren und benötigen eine dringende Aufarbeitung. Im Großen und Ganzen entspricht der Gleisverlauf dem in deutscher Zeit entstandenen Netz.

Fuhrpark Straßenbahn
Er besteht ausschließlich aus T4SU und KT4SU und aus übernommenen T4D (Halle/Saale) und KT4D (Cottbus). Von den ursprünglich 223 T4SU ist nur noch eine Hand voll Wagen unterwegs. Die KT4SU sind meines Wissens (bis auf Unfallaussonderungen) vollständig vorhanden. 2 Duewags aus Mannheim (442 +443) sind auch noch vorhanden allerdings nicht mehr fahrfähig. Grund: die Gleisanlagen stören die recht robuste Technik des Wagens! Das hat man uns dort so erzählt. Des Weiteren ein B2-62 als Lagerwagen!

Wagennummern zur Übersicht:
T4SU 100er, 200er, 300er – es sind lediglich noch 300er im Einsatz
KT4SU 400er
T4D 500er
KT4D 600er

Sämtliche Wagen sind mit einem Schaffner/Schaffnerin besetzt und erreichen im Normalfall eine Fahrtgeschwindigkeit von 30-40 km/h. Der Gleiszustand lässt eine höhere Geschwindigkeit nicht zu. Das fehlen von Stoßdämpfer setzt dem Wagenkästen gewaltig zu. Alle KT4SU wurden bereits an dem Kastengerippe an den Wagenübergängen geschweißt. Durch das aufschaukeln der Wagen arbeitet der Wagenkasten so heftig, dass er bricht. Allerdings ist das schweißen dort zwecklos solange sich das Gleisbild nicht ändert. Bei den T4SU sieht es nicht besser aus. Bei einigen Wagen löst sich die Wagenwand von den Bodengruppen, sodass dass man seine Faust hinein schieben könnte.

Allgemeines
Alles im allem gibt man sich dennoch mit den gegebenen Mittel viel Mühe und die Wagen sind doch recht sauber und ansprechend gestaltet. Die Tram würde bestimmt mehr Fahrgäste gewinnen wenn nicht ständig Autos die Gleise zustellen würden. Aber das scheint mir in ganz Russland eine Problem zu sein. Man bekommt den Drang nach einem eigenen PKW nicht in den Griff und noch viel weniger den Drang immer ganz vorn an der eh roten Ampel zu stehen, auch wenn man eigentlich auf der Gegenfahrbahn steht. Das haben wir häufig erlebt.

Fuhrpark Bus
Tja Freunde wo soll man anfangen und wo enden. Dort fährt fast alles aber nichts Russisches – so müsste man es ausdrücken! Deutschland auf ein paar Quadratmetern! MAN, Mercedes Benz, Kässbohrer, Busse aus Italien usw. und das überall und aus fast allen Städten Deutschlands. Hamburg, Berlin, Braunschweig, München, Hannover, Kiel, Krefeld, Düsseldorf, Neuss, Frankfurt/M. usw. usw. usw.
Nur Obusse stammen sämtlich aus russischer Produktion. Die neusten kamen zum Stadtjubiläum von der Firma Trolza (ehem. größter Bushersteller in der UdSSR). Davon musste ich dann wohl oder übel doch ein Foto machen. Und einen Ikarus! Wir haben nur einen in der gesamten Stadt gesehen! Ein in Orange gehalten 280er auf einer Außenlinien im Einsatz.

Über den allgemeinen Zustand kann ich kaum etwas sagen, da wir nur einmal mit einem Obus gefahren sind. Und dieser war fertig mit dieser Welt.


Hinweis! Die Bilder sind gescannt und über imageshack online gestellt! Die Qualität leidet zwar aber man kann die Wagen erkennen. Das sei mir bitte verziehen.



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Grüße René
Zuletzt geändert von Tram1212 am 28.10.2007 19:19, insgesamt 1-mal geändert.
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Sithis
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Beitrag von Sithis »

Ah wie geil. Scheint ja recht wild dort herzugehen.

Was sind denn das für unansehnliche Stromabnehmer? Sieht irgendwie nach Zwitter aus...oder?

Was ist denn der orangene Bus für einer? Sieht aus wie Jelcz.
Zynismus ist der geglückte Versuch, die Welt zu sehen, wie sie wirklich ist. - Jean Genet

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T3D-Fan
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Bus

Beitrag von T3D-Fan »

Der grüne Mercedes-Benz O 305 (2. Bild) stammt übrigens aus Baden-Baden. :-)

Was ich an den Bahnen gut finde: Endlich mal ein Betrieb mit einheitlichen Blink-, Begrenzungs- und Rückleuchten.
Wozu dient denn der grüne T4-ATw? Rasensprengen? Basiert der noch auf einem T4SU oder auch schon auf einem T4D?

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Tram1212
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...

Beitrag von Tram1212 »

Sithis:
Nein! der Bus stammt aus Italien. Ich weiß nur nicht, ob es sich um einen Römer oder Mailänder handelt.

T3D-Fan
Jetzt weiß ich wo der Bus herstammt :D Danke.

Der Wasserspreng T4SU dient nur der Reinigung der Rillenschienen. Für mehr ist er nicht gedacht. Die Spritzeinrichtung ist auf dem mitgeführten Drehgestelle montiert.
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T3D-Fan
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Re: ...

Beitrag von T3D-Fan »

Tram1212 hat geschrieben:T3D-Fan
Jetzt weiß ich wo der Bus herstammt :D Danke.

Der Wasserspreng T4SU dient nur der Reinigung der Rillenschienen. Für mehr ist er nicht gedacht. Die Spritzeinrichtung ist auf dem mitgeführten Drehgestelle montiert.
Danke, jetzt sehe ich es auch! - Das mitgeführte Drehgestell, wie auch den überlackierten Linienanzeige-Ausschnitt des Wasserspreng-T4SU. :)

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Möckern-Peter
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Re: Reisebericht in Bildern --- Teil 3 --- Kaliningrad

Beitrag von Möckern-Peter »

Zunächst: Zentrum = zentr (w zentre goroda = im Zentrum der Stadt)
Zirkus = zirk

Lach, zum Thema Armee... Es war wohl eher umgekehrt: Die Rote Armee walzte durch und so blieb es denn wohl :mrgreen: .
(Bin auch der Meinung, dass niemand mehr das Bernsteinzimmer suchen muss. Seine Spur verliert sich im Königsberger Schloss. Ergo wird man es dort selbst "verheizt" haben... Bernstein ist Harz und brennt vortrefflich! Ein Bernsteinzimmer ist also der Gegenentwurf zum Verbauen flammhemmenden Materials :lol: )

Hin will ich auf alle Fälle mal - solange die Bahn ü'haupt noch fährt!! Ihr Bestehen wird ja nicht gerade "gefördert"... :twisted:

Entmutigend... Schon mal Küstrin gesehen?? Ist eine Reise wert! Wer da nicht depri wird, ist selber dran schuld :shock: Von der Küstriner Straßenbahn sieht man naturgemäß nix mehr: seit 03/45 ist dort Schichtschluss... Von der Küstriner Altstadt sieht man aber auch nichts mehr... Sie war quasi in einer Wehrzitadelle eingeschlossen; an einer Ecke thront noch immer ein Weltkriegs-Panzer. I N der Altstadt kenne ich Fotos: Foto1 (30er Jahre): Platz mit Denkmal, junger Baum, dahinter Straße mit Straßenbahn, dahinter Rathaus. Foto2 (90er Jahre): Wiese mit DenkmalsSOCKEL, größerer Baum, dahinter weiter Wiese mit gelegentlichen Steinfragmenten. (Z.T. gibt es auch noch Pflastergassen ohne Häuser.) Die Altstadt wurde unter Verzicht des Kellerrückbaus vollständig abgerissen - angeblich gingen die Steine nach Warschau - und ist ein Park mit Stolpersteinen... Pompeji ist jedenfalls meilenweit kompletter erhalten: es wurde ja auch nicht verwüstet sondern nur verschüttet.
In der Neustadt gibt es noch den typisch preußischen Backstein-Bahnhof (mit Einschusslöchern). Er ist konstruktiv interessant: es kreuzen sich spitzwinklig die Ostbahn Berlin - Königsberg und die Strecke Posen - Stettin. Häuser von vor 1945 lassen sich an 2 Händen abzählen; das neue ist frühestens 60er Jahre. Grund: Die Polen wollten Kostrzyn aufgeben. Nur wegen der Reparationen (zeitw. war die Ostbahn russische Breitspur!) war der Eisenbahnknoten wichtig und wurde von Polen besetzt. Da nunmehr auch innerpolnischer Verkehr dort langlief, holten die "Monteurs"-Esenbahner ihre Familien nach und statt Baracken entstanden DANN doch wieder feste Häuser und eine Stadt. Eine in der man sogar vergebens eine Gaststätte sucht! So dass wir zu Abend aßen in etwas, was der Pole gewöhnlich "bar" nennt. Soviel zu entmutigend... Dort zu leben, müsste es wódka auf Rezept geben. Allerdings sieht der deutsche Stadtteil Kietz kaum einladender aus... Die nahen Seelower Höhen grüßen und dort ist gewiss noch nicht die letzte Muni aus dem Boden geholt und der letzte Helm geborgen.
Wenn alle Betriebe nur T6/KT4(t)/KT8 verwenden würden, wäre die Welt eintöniger. Schöner wäre sie trotzdem!

Zazní-li výstraha, opust'te dverní prostor!

Kava je balzam za srce in duso. (slowen.: Kaffee ist Balsam für Herz und Seele) Giuseppe Verdi
Gustav Mahler ergänzte: Hier ist es wunderherrlich und repariert ganz sicher Leib und Seele.

Prosimo se med voznju ne pogovarjete z voznikom!

Kein Sarkasmus liegt mir völlig fern :-)

Der frühe Vogel kann mich mal... (am Abend treffen - was sonst!)

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