Cottbus ist eben nicht Berlin...
Ich sage ja auch nicht, daß Berlin das Maß aller Dinge ist. Zumindest die S-Bahn hat ja auch eine ähnlich sinnfreie Feier veranstaltet, bei der man die BR485-Reaktivierung abfeierte. Daß die Reaktivierung/Totalsanierung ja nur notwendig war, weil man die Züge vorher hat vergammeln lassen und die Krise selber verschuldete, wollte da keiner hören. Da ist die Feier in Cottbus sogar noch "sinnvoller".
Und um eben die KTNF6 weiter im Einsatz zu halten frischt man sie nochmal auf. Man ging beim Einbau des Niederflurmittelteils von einer Restnutzungsdauer von 16 Jahren aus. Diese Zeit ist jetzt um und nun macht man sich Gedanken, diese Fahrzeuge auch für die weitere notwendige Laufzeit vor allem für die Fahrgäste attraktiver zu gestalten, denn die Konkurrenz, der Busverkehr, rüstet auch entsprechend auf (Schrieb ich ja bereits...). Auch sind die Innenräume nach 16 Jahren abgewohnt, wenn nun sowieso eine Erneuerung ansteht, kann man es auch gleich anders machen und offiziell feiern.
Im Wesentlichen ist das ja kein Totalumbau wie in den 90ern, es kann aber vom Niveau her durchaus mit dem mithalten, was man z.B. in Frankfurt oder Schöneiche bei den KT4D unter "Vollmodernisierung" verstand.
16 Jahre Restnutzungsdauer sind schon etwas niedrig bemessen für so einen aufwendigen Umbau.
Und wieso wird der Busverkehr immer als große Konkurrenz dargestellt? Auch Busse gibt es nicht geschenkt, Cottbusverkehr müßte die Busflotte auch kaufen und die Kosten für den Abbau der Straßenbahn-Infrastruktur kämen auch dazu.
Prinzipiell ist die Modernisierung ja ok, aber eben nichts Besonderes in dem Sinne.
Die "Modernisierung" in Schöneiche und Frankfurt kann man auch unter Ulk verbuchen.
Darf man deswegen nichts mehr in die Fahrzeuge investieren? Letztendlich ist das doch auch ein Versuch, Fahrgäste zu halten und neue Fahrgäste zu gewinnen. Natürlich sind Hauptkriterien Fahrpläne und Tarife, aber auch die Fahrzeuge tragen einen Teil dazu bei. Und auch wenn es nur andere Farben sind, so wollen Fahrgäste in modernen und ansprechenden Fahrzeugen befördert werden. Wenn es regelmäßig neue Busse und aller paar Jahre einen neuen koreanischen Kleinwagen gibt, muss es auch bei der Straßenbahn Fortschritte geben. Das hat man auch in Schöneiche mit der Beschaffung der KTNF6 erkannt, nur dass man eben noch einen Schritt hinter Cottbus liegt.
Doch, man kann gerne investieren, aber dann ist es ja nur die Pflicht des Betreibers, mehr nicht. Es wird ja so getan, als täte der der Stadt und den Fahrgästen einen Riesengefallen mit der "Modernisierung".
Abgesehen davon, wer fahren muß, muß fahren, der wird auch in eine unmodern erscheinende abgewetzte Straßenbahn steigen, und wer nicht fahren muß, wird auch eine "moderne" Bahn sausen lassen.
Du stellst es ja so dar, als ob nun automatisch neue Fahrgäste kommen, nur weil die Bahn neue Innenwände bekommen hat. Dem ist aber nicht so.
Auch bei der Eisenbahn ist es nicht unüblich, Fahrzeuge bei Erreichen ihres "Halbzeit" etwas aufzufrischen (Wird dann auch mit entsprechend großem Presserummel gefeiert, dann als "Redesign" bezeichnet). Hat man beim ICE 1 gemacht, wird gerade beim ICE 2 vollzogen und ist auch im Nahverkehr bei gewonnenen Neuausschreibungen üblich, um 8-X Jahre alte Fahrzeuge neuwertig erscheinen zu lassen.
Klar, nur muß man ja nicht alles von der DB nachmachen. Die ICE1 und ICE2 sind nach dem "Redesign" auch merklich unbequemer geworden, dank der ICE3-Sitze.
Nach 16 Jahren Einsatzzeit kann man davon ausgehen, dass sich die Fahrzeuge in einem sehr unterschiedlichen Zustand befinden, bedingt durch Unfälle, Entgleisungen aber auch Witterungsschäden, die jedes Fahrzeug durch Vandalismus oder eine etwas andere Verarbeitung (Straßenbahnen sind nunmal keine Autos, die vom Fließband kommen) mit der Zeit davongetragen hat. Es gibt in jedem Betrieb "gute" und "schlechte" Fahrzeuge, die wird es in Berlin und Leipzig geben, die gibt es in Dresden, und auch in Schöneiche hat das dem Tw 18 die erneute HU 2004 gekostet.
Ach, auch Autos haben Qualitätsschwankungen...das nur angemerkt
.
Daß die Trams verschiedene Zustände haben dürften, streite ich ja nicht ab. Nur muß man trotzdem das Beste daraus machen.
Der Schöneicher Tw18 dürfte auch keine HU erhalten haben, weil die KT4D zu dem Zeitpunkt eh schon auf der "Abschußliste" waren.
Die an Schöneiche abgegebenen KTNF6 wurden mangels Bedarf ausgemustert und werden nicht die schlechtesten Fahrzeuge in Cottbus gewesen sein.
Dann freut das Schöneiche und in Cottbus war man da wohl recht kurzsichtig. Die "Probleme" mit Wagen, die ja angeblich bald unbedingt ersetzt werden müssen, dürften auch 2009/2010 bekannt gewesen sein, oder? Dann verkaufe ich doch nicht gute Fahrzeuge...
Der GF redet jetzt aber von seinem "Langläuferprogramm" (Warum hat sich eigentlich noch keiner darüber gefreut, dass es da mal einen deutschen Begriff gibt und es nicht "Tram 4 Future" oder so heißt
?) und warum nicht mehr alle Fahrzeuge diese Verjüngungskur genießen werden-weil die Aufarbeitung zustandsbedingt nicht mehr rentabel ist.
"Denglisch" kommt eben nicht überall zum Einsatz, auch an den BR485 steht die (eher lächerliche) Aufschrift "Ich bin Verstärkung Nr. sowieso" und nicht "new train 4 berlin".
Ich behaupte einfach mal, daß zwanghaft wirtschaftliches Denken und der Nahverkehrsbetrieb nicht zusammenpassen. Hat die Vergangenheit schon oft gezeigt.
Heißt auf der anderen Seite, sofern der Fahrzeugbedarf nicht noch drastisch einbricht, dass er sich doch in den nächsten Jahren noch ein paar Neufahrzeuge erhofft bzw. auf diese Art und Weise erkämpfen will. Zumindest ist angedacht, zusammen mit Frankfurt und Brandenburg ein gemeinsames Lastenheft für Neufahrzeuge zu erstellen und eine gemeinsame Ausschreibung zu starten.
Und von welchem Geld? Alle drei Betriebe zählen in mehrfacher Hinsicht zu den Schlußlichtern in Deutschland, da glaube ich eher weniger, daß man da nun große Zukunftspläne schmieden kann.
Brandenburg kann man beim derzeitigen Fahrgastaufkommen 2020 tatsächlich ohne Weiteres dicht machen(nicht, daß ich es befürworte, aber 90 % der Fuhren könnte auch ein Solo-Bus stemmen), in Frankfurt-Oder ist außerhalb der Vorlesungszeit auch eher tote Hose in der Bahn und die Probleme von Cottbus haben wir ja gerade beleuchtet.
Zynismus ist der geglückte Versuch, die Welt zu sehen, wie sie wirklich ist. - Jean Genet