Leipzig "Pullman"-Stahlwagen Typ 22

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Möckern-Peter
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Re: Leipzig "Pullman"-Stahlwagen Typ 22

Beitrag von Möckern-Peter »

Möchte euch dieses Foto nicht vorenthalten, das derzeit als Riesenplakat an einem ehem. Messehaus prangt.
Leider ist das Bild irgendwie breitenverzerrt: so sieht weder ein 2,20m-Wg. aus, und auch das "Kuchenblech" mit der 27 ist nun oval. (Wen es interessiert: d = 42 cm)
Bekanntlich wurden 1928 - 1935 47 originale Typ22 mit 45- (statt 34-)kW-Motoren ausgerüstet, da die Antriebsleistung für 2 Bw., insbes. schwere wie die ME-Bw., zu schwach gewählt worden war. Diese Wagen wurden als 22a bezeichnet. Da man auch da zu leistungsknauserig gewesen war, erfolgte 1937 - 1942 der Umbau weiterer 26 Originalwagen zu 22b mit 55-kW-Motoren. (Ab 1946 gab es dann die 22c mit 60 kW; anfangs noch mit Reichs-Elektrik, dann mit der vom ESW bekannten volkseigenen.)
E i n i g e (nicht alle!) Umbauwagen bekamen "Gewächshaus"-Fronten im Stil der "Straßenbahn-Architektur" der 30er Jahre. (Vgl. hierzu Typen 21, 24a, 27, 54, 55, und auch Zwickau hatte Wg. mit solchem Aussehen.)
Ungeachtet späterer technischer Umbauten (Originalwagen zu c, b zu c, a zu c, c mit Stahl-Ersatzwagenkasten, davon welche zu S, c und S alle ER) und optischer Umbauten (Schilderwagen zu Filmwagen, Vollsichtscheibe auch nachträglich bei älteren Filmwagen, Rahmung der Filmkästen, ER-Umbau außer 22a) kamen auch Kompromisse heraus:
Nicht alle 22a- und b-Wg. erhielten anfangs die neuen Fronten. (Blieben auch alle ZR.)
Nicht alle 22c erhielten diese. Jedoch wiurden alle 22c sofort ER. Nur mit dem Provisorium, dass bei einigen auch nur der hintere Fahrerplatz ausgebaut wurde und die linken Türen verschlossen und deren Griffe abmontiert wurden. Die Änderung in 2 gleichgroße linke Plattformfenster unter Wegfall der "Schaffnerplatz-Ecke" geschah bei diesen später mal.

Anzunehmen ist:
- dass bei den ersten 22a noch keine Frontänderung erfolgte: a) kamen Filmbänder gerade erst auf, b) war die Substanz nach reichlich 3 Jahren Lebensdauer noch quasi fast neu und keinesfalls reif für Aufarbeitungen.
22a-Filmwagen dürften eher nur die letzten a-Umbauten geworden sein.
- dass bei den letzten 22b keine Frontänderung erfolgte, weil man zu größerem Aufwand als der Motorenänderung in Kriegszeiten nicht (mehr) in der Lage war.
22b-Filmwagen dürften eher nur die ersten b-Umbauten geworden sein.
- dass vorwiegend "Hauptuntersuchlinge" oder Unfallwg. die neue Front erhielten.
- dass anfangs 22c entweder ohne Frontumbau oder gemischt mit oder ohne Frontumbau entstanden: a) war die wirtschaftliche Situation der Nachkriegszeit so, dass mit der Aufmotorisierung der wichtige Zweck erreicht war und anderes vorerst unterblieb, b) auch da womöglich vorrangig HU- oder Unfallwg. zuerst die neue Front erhielten.
Immerhin hatten die Wg. 1945 - 1950 mit 20 - 25 Jahren bereits ein Alter erreicht, wo sie theoretisch ausmusterungsreif waren. Wielange es in der DDR Altbauwg. gab (schön!), ist ja bekannt - warum, auch...
Zumindest aber waren die Wg. (auch durch die Vernachlässigungen der vorangegangenen Zeit) in den 50ern zunehmend GR-reif, wo dann anzunehmenderweise stets neue Fronten verbaut wurden.
Die neuen Fronten erhielten im Laufe der Zeit alle noch vorhandenen 22a, jedoch nicht mehr alle 22b. (4 der 73 a/b waren Kriegsverlust, desgl. 6 der 121 originalen; einer spendete sein Fahrgestell für den noch heute vorhandenen Turmwg. 5060), und die neuen Fronten (ab 1962 als Vollsichtscheibe) erhielten alle 22c, wenn auch z.T. nachträglich.
Während die 22a nach und nach zu Atw. wurden (es korrespondierten wohl Bedarf und Mengenerwerbsmöglichkeit beim LEW-Motorenkauf), wurden die 22b mit einer Ausnahme noch zu c, bereits zur "Stahl-Zeit". (D.h., das Dach wurde abgenommen, der Holz-Wagenkasten verschrottet, auf dem Bodenrahmen ein Wagenkasten mit gleichen Abmessungen aus Stahlprofilen erbaut und das Dach wieder aufgesetzt.)
1467 ist eben einer, der bisher keine neue Front erhalten hatte und somit optisch noch immer den Originalwagen glich. Seine Starkmotorigkeit wurde mit der unterstrichenen Wagennr. kenntlich gemacht. Und er war einer der letzten, der einen Stahl-Wagenkasten mit Vollsichtscheibe, Gummi-Filmrahmung und 60kW-Motoren erhielt. Optisch war seine GR also ein Umbau vom ätesten zum neuesten Aussehen, ohne Zwischenschritt(e). Lediglich als S bekam er noch später dann SchaKu, Umformer und Schienenbremsen.
Der letzte Schilderwagen überhaupt war die 1464, ein Wg. mit quasi gleichem Werdegang. Beide wurden noch Atw.
Während die 1467 jedoch verschrottet wurde, blieb die 1464 erhalten. Ulkigerweise war die im Umbau zum originalen Htw. befindliche 1411 bei Anlieferung die 1463, so dass dann mal eine originale 1463 und eine völlig umgebaute 1464 vorhanden sein werden! Gleichnis beider ist der Zufall, dass beide in ihrer Atw.-Zeit nacheinander 5046 waren!
Angemerkt sei noch, dass der abgebildete b 1467 auch nicht mehr seine Originalnr. hat. Bis auf ganz wenige Wg., die ihre Nr. zeitlebens behalten durften, hatten Wg. über die Jahrzehnte 2 bis 5 oder 6 Nummern: mit den Motor-, Typen-Umbauten und GR wurde da lange Zeit geschoben und getauscht. (Unterlagen sind erhalten.)

Das Bild hat der Investor am ehem. Ring-Messehaus aufhängen lassen.
Zeitliche Einordnung:
1964 wurde die Doppeleinmündung unter Nutzung von Trümmerflächen zu einer Groß-Kreuzung. Das Bild ist zuvor.
1957 wurde mit Z-, 1959 mit ZZ-Betrieb begonnen, d.h. im Tw. und später 1.Bw. entfielen die Schaffner. Die Kennzeichnung fehlt am Zug, also ist von 3 Schaffnern auszugehen. Damit ist es vor 1959.
Die Wagen wurden ab 1954 von rot wieder auf elfenbein umlackiert; taufrisch wirkt der Lack aber nicht. Also ist es nach 1954, jedoch nicht gleich.
Wann die Dachbrett-Werbung abgeschafft wurde, weiß ich nicht. Dies könnte - wenn das jmd. weiß - ein Indiz sein, b i s wann das Foto gemacht worden sein m u s s . Auch trägt er Wappen und Wagennr. nur einmal mittig pro Seite (wie ab 1970, mit Streifen, dann wieder); dies wurde ab 19?? zu 2 Wappen und Nummern je Seite in Plattformnähe geändert. Alle Gotha-Produkte kamen bereits so, so dass man diese Änderung auf a b 1957 festschreiben kann - übrigens das Jahr, als die letzten Umlackierungen vom Rot abgeschlossen waren.
Wenn man das Bild auf etwa 1956/57, ggf. noch Anfang 1958, datiert, liegt man sicher richtig.
Anhand der Dachfahnen ist von einer Messezeit auszugehen, also Anfang März oder September.
Du hast keine ausreichende Berechtigung, um die Dateianhänge dieses Beitrags anzusehen.
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24V
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Re: Leipzig "Pullman"-Stahlwagen Typ 22

Beitrag von 24V »

Mich würde so ein Umzeichnungsplan der Pullmanns interessieren. Immer mal hab ich mich gewundert das Nummern nicht wieder auftauchten, 1592, 1544 z.B. , oder Einzelheiten ohne großflächigen Umbau plötzlich weg waren, Fahrschalter 1476 von AEG auf LEW , oder Wechsel Gewächshaus auf Panoramafront, oder kaum auffällig, an einem anderen Wagen eine andere Anordnung der Stromkreise der Innenbeleuchtung, neben den Überbrückungssteckern standen auf gelben Grund schwarze Buchstaben und Ziffern plötzlich in anderer Anordnung, oder die Anzahl der Innenleuchten auf dem nicht mehr existenten hinteren Fahrerstand waren mal 3 oder gar nur 2, oder neben der Innenbeleuchtungsschalttafel war mal ein Lastwiderstand ( Fa. Heine ) oder nicht mehr und dann war plötzlich eine 2. Rückleuchte dran, man sah aber keine Spuren von Schraublöchern, aber immer war der Lack nach solchen Änderungen neu. Endweder ein sauberer Umbau oder ein sauberer Nummernwechsel. Waren es wirklich soviele Wechsel? Bei 1544 wissen wir ja jetzt warum.

Auch ganz schlimm war es bei den Gotha Beiwagen. Da erkannte man das mit den Wechseln an den gelben Abziehbildern der Wagennummern an den Klappen der Nummernschildkästen. War das gravierte Kunststoffschild weg und gar im Farbton unterschiedliche gelbe Abziehbilder dran hatte der Kollege Wagen den Namen ( Nummer ) mal wieder ? gewechselt.

Tobias Walter
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Re: Leipzig "Pullman" Typ 22 mit Doppeltür

Beitrag von Tobias Walter »

Hallo, hat jemand ein Foto von einem 22er mit Doppeltür und evtl. zum Vergleich mit Teleskoptür?

"1460" 1956 in "1470" hatte wohl eine.

Danke
"Mit dem Wissen von heute, sag ich dir nur eins: 'Scheiß' auf Regeln und lebe dein Leben."

Die Worte einer 93-jährige Patientin zu mir... :shock:

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