Meine Lieblinge in Mittelfranken und ihrer zweiten Heimat

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TW 334
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Meine Lieblinge in Mittelfranken und ihrer zweiten Heimat

Beitrag von TW 334 »

Ein fröhliches Hallo in die Runde,

nach längerer Zeit melde ich mich mal wieder zurück und zeige euch ein paar Bilder von meinen Lieblingen.

Prolog

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Sie gehören zu Nürnberg wie die Burg: Die Großraum- und Gelenkwagen von MAN. Sind sie nicht schön? Die schlichte und doch elegante Front, die herrliche Lackierung mit dem Brückenschlag von alt zu modern und auch nach fast 60 Jahren immer noch zeitgemäß...

Schon immer war ich ein Fan der Nürnberger Großraum- und Gelenkwagen. Diese eleganten MAN-Fahrzeuge prägten fast 50 Jahre das Bild meiner Heimatstadt. 1955 kamen die ersten beiden vierachsigen Prototypen nach Nürnberg. In den Jahren 1957 bis 1960 wurden 70 Serienwagen beschafft, wobei einer als Ersatz für den verunfallten Wagen 212 beschafft werden musste, sodass letztendlich 69 Großraumwagen beschafft wurden. 1962 bis 1966 folgten dann noch 56 Gelenkwagen des Typs GT6. Zusätzlich wurden noch 110 Beiwagen gebaut, um mit den Großraum- und Gelenkwagen eingesetzt zu werden. Der Stern der Großraumwagen begann bereits Anfang der 1980er Jahre zu sinken. Nachdem die Straßenbahn in Fürth 1981 eingestellt wurde, wurden die ersten Großraumzüge abgestellt und teilweise verschrottet. 1989 wurden schließlich die ersten 200er in die polnische Partnerstadt Krakau abgegeben, wo sie sich großer Beliebtheit erfreuten und bis ins neue Jahrtausend eingesetzt wurden. Mit Einstellung der Straßenbahn nach Ziegelstein endete 1996 der Einsatz der Großraumzüge in Nürnberg, nachdem sie zum Schluss nur noch in untergeordneten Diensten eingesetzt waren. Doch fanden sich auch für diese Fahrzeuge noch Abnehmer. 10 Trieb- und 16 Beiwagen gingen ab 1997 nach Braila in Rumänien, wo sich die robusten Fahrzeuge großer Beliebtheit erfreuten. Am weitesten verschlug es aber drei Züge, welche seit 1999 in Nürnbergs türkischer Partnerstadt Antalya unmittelbar am Mittelmeer zum Einsatz kommen. Bereits 1984 wurde der Triebwagen 220 in Nürnberg als Arbeitswagen A46 zum rangieren in der Hauptwerkstatt Muggenhof genutzt. 2005 hat auch dieser Wagen den Weg nach Krakau gefunden und ist dort als Museumswagen unterwegs.

Etwas länger, bis 2003 waren die Gelenkwagen im Einsatz. Doch bereits seit 1994 wurden die ersten 300er nach Krakau abgegeben. Wurden die ersten Wagen noch nach Unfällen abgegeben, so folgten schon bald jene Wagen, die in Nürnberg überflüssig waren. Im Endeffekt wurden insgesamt 44 GT6 in die polnische Partnerstadt abgegeben. Nicht unerwähnt bleiben soll der 1998 erfolgte Umbau des Zuges 314+1541 zum Gleistransportwagen A15. Trugen die GT6 bis Jahrtausendwende noch die Hauptlast des Nürnberger Straßenbahnverkehrs, so wurden sie mit der Auslieferung der GT8N nach und nach entbehrlich. Zuletzt waren noch die drei GT6 305, 326 und 334 im Einsatz. Während TW 326 noch nach Krakau abgegeben wurde, blieben die beiden anderen in Nürnberg erhalten. In Krakau waren die GT6 noch bis 2012 im Einsatz, wenn auch seit 2009 nur noch solo. Zum Schluss waren die formschönen Sechsachser nur zur Hauptverkehrszeit auf der Linie 23 im süden der alten Königsstadt unterwegs. Je ein Wagen ist als Cafe-, Denkmal-, Museums- und Arbeitswagen erhalten.

Neben den betriebsfähigen Wagen 250, 305 und 1556 sind noch weitere Fahrzeuge bei der VAG vorhanden, allerdings nicht restauriert: Triebwagen 201 (Prototyp), 208 (Drehstromprototyp), 334 (aktuell Umbau zum Partywagen), A15 (abgestellt), 1501 (Prototyp), 1521 (Drehstromprototyp), 1540 (Lagerraum im historischen Straßenbahndepot), 1581

Doch genug gelabert, hier nun ein paar Fotos :)

Teil 1-Nürnberg

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Fangen wir also mit den noch in Nürnberg bei der VAG vorhandenen Fahrzeugen an. Den Reigen eröffnet der Museumsgroßraumwagen 250. Dieser ist mit Baujahr 1960 einer der jüngeren T4. Den Schriftzug "Nürnberg-Fürther Straßenbahn" hat er übrigens früher nie getragen. Die Nürnberg-Fürther Straßenbahn heißt seit 1959 "VAG Verkehrs Aktiengesellschaft" und der 250 wurde auch direkt an diese geliefert. Kuriosität am Rande: die N6 der Baujahre 1976/77 waren wieder mit "Nürnberg-Fürther Straßenbahn" beschriftet. Hier sehen wir den Großraumzug auf der Burgringlinie 15 an der Stadtmauer entlangfahren

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Was ist an diesem Bild historisch? Fast alles. Im Frühjahr 2003 standen die letzten drei 300er im Betriebshof Maximilanstraße, der zu diesen Zeitpunkt auch schon nicht mehr regulär genutzt wurde. Triebwagen 326 war da schon ausgemustert und sollte bald darauf nach Krakau kommen. Triebwagen 305 ist heute Museumswagen und neu lackiert worden. Und der 334; der wird aktuell zum Partywagen umgebaut. Und die Hallen der Maxi sind auch schon lange abgerissen

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Unser Museums-GT6. Hier bei einer nächtlichen Sonderfahrt am Plärrer. So kenne ich sie auch noch. Wie weiter oben geschrieben, wurde der 305 vor einigen Jahren neu lackiert und präsentiert sich so wieder annähernd im Anlieferungszustand. Naja, abgesehen von einigen Details wie Rückspiegel, Stromabnehmer und Türöffnern. Und der Schaffnersitz fehlt auch

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Mein Liebling und Namensgeber. Der kleine ist mit Baujahr 1964 25 Jahre älter als ich. Macht aber nichts. Übrigens: Die ersten 30 GT6 hatten vorne nur einen einfachen Einstieg. Erst ab Wagen 331 gab es einen doppelten Einstieg. Die letzte Serie (343-356, Baujahr 1966) wurde dann auch schon für den schaffnerlosen Betrieb gebaut

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Der Umbau zum Partywagen erfolgte nicht in Nürnberg, sondern in Krakau, wo in der dortigen Hauptwerkstatt dieses Foto entstand. Aktuell wird er in der Nürnberger Werkstatt komplettiert

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Zu den fahrfähigen Triebwagen gibt es natürlich auch einen Beiwagen. Beiwagen 1556 wurde 1960 gebaut und kommt sowohl mit dem 250, als auch mit dem 305 zum Einsatz.

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Natürlich darf der A15 nicht fehlen. Oft war er nach seinem Umbau nicht zu sehen. Umso größer war die Freude, dass der Triebwagen zum 125 jährigen Jubiläum der Straßenbahn die Straßenbahnerkapelle durch die Gegend fuhr. Aktuell wartet der A15 auf seine Verschrottung

Teil 2-Krakau

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Auch in Krakau beginnen wir mit den Großraumwagen. Hier existieren heute nur noch die beiden Museumswagen. Einer ist TW 127 (Bj. 1957, ex Nürnberg 207, seit 1994 in Krakau) mit seinem Beiwagen 527 (Bj. 1960, ex Nürnberg 1557, seit 1994 in Krakau) .Leider ist das Gespann in der attraktiven Krakauer Lackierung nicht betriebsfähig. Beide Wagen sind im Betriebshof Nowa Huta abgestellt.

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Fahrbereit ist hingegen TW 220 (Bj. 1958, ex Nürnberg 220/A 46, seit 2005 in Krakau). Hier ist er als Sonderfahrt auf dem berühmten Streckenstück mit der Gleisverschlingung unterwegs

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Als ich im Herbst 2010 zum ersten Mal in Krakau war, waren die Linien 2,11 und 23 noch fest in der Hand der Nürnberger Gelenkwagen. Im Jahr zuvor endete der Beiwagenbetrieb, sodass die GT6 bereits auf Nebenlinien abgewandert waren. An der Haltestelle Lubicz treffen wir TW 198 (Bj. 1966, ex Nürnberg 347, in Krakau seit 2002, 2012 verschrottet). Die blau/weiße Lackierung stand den Wagen echt gut. Einige Wagen wurden auch noch modernisiert (unter anderen mit neuen Sitzen)

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Wie auch in Nürnberg, gab es in Krakau einige Wagen mit Vollwerbung. Hier hat TW 197 (Bj. 1966, ex Nürnberg 346, in Krakau seit 2002, 2012 verschrottet) gerade den Tunnel am Rondo Mogilskie verlassen

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^TW 174 (Bj. 1962, ex Nürnberg 307, in Krakau seit 1996, 2010 verschrottet) war einer der Wagen, die noch die alten Holzsitze hatten. Hier steht er an der Haltestelle Jubilat

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Die Linie 23 im Süden der Stadt war die 2012 die letzte Einsatzstrecke, auch 2010 war diese schon eine Domäne der 300er. (TW 181, Bj. 1966, ex Nürnberg 348, in Krakau seit 1996, 2012 verschrottet)

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Im Sommer 2011 war ich wieder in Krakau. Zum Zeitpunkt meines Besuches waren die GT6 nur auf der Linie 2 unterwegs. (TW 199, Bj. 1966, ex Nürnberg 354, in Krakau seit 2002, 2012 verschrottet)

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Ein klassisches Motiv: TW 182 (Bj. 1964, ex Nürnberg 337, in Krakau seit 2000, 2012 verschrottet) in der Wendeschleife Salwator

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Im Betriebshof Nowa Huta traf ich auf den Museumswagen 187 (Bj. 1963, ex Nürnberg 327, in Krakau seit 2003) und den ehemaligen Nürnberger N8 3006 (Bj. 1976, ex Nürnberg 365, in Krakau seit 2009)

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Eine Besonderheit ist der TW 171 (Bj. 1962, ex Nürnberg 306, in Krakau seit 1996). Dieser gehört einem Privatmann, der damit Rundfahrten anbietet

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Bei meinem letzten Besuch in Krakau im Oktober 2012 war das Einsatzende der verbliebenen 300er bereits absehbar. Sie fuhren nur noch auf der HVZ-Linie 23. Zur fast blauen Stunde kam es in der Wendeschleife Nowy Biezanow zum Treffen der beiden Nürnberger 198 (Bj. 1966, ex Nürnberg 347, in Krakau seit 2002, 2012 verschrottet) und 3074 (Bj. 1977, ex Nürnberg 371, seit 2009)

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Die Strecke nach Nowy Biezanow ist stadtbahnmäßig ausgebaut und so konnten die GT6 nochmal zeigen, was in ihnen steckt (TW 183, Bj. 1964, ex Nürnberg 341, in Krakau seit 2000, 2012 verschrottet)

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Am frühen Morgen waren auch noch solche Bilder möglich. Zwei Nürnberger treffen sich an der Haltestelle Cwiklinskiej (TW 182, Bj. 1964, ex Nürnberg 337, in Krakau seit 2000, 2012 verschrottet und TW 196, Bj. 1962, ex Nürnberg 308, in Krakau seit 2001, 2012 verschrottet)

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Ein 300er ist sogar noch zur Grinsekatze geworden. TW 173 (Bj. 1962, ex Nürnberg 312, in Krakau seit 1997) steht vor der technischen Hochschule und wird als Café genutzt

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Mein letztes 300er-Bild in Krakau entstand in der Wendeschleife Borek Falecki mit einem Wiener E1 (TW 189, Bj. 1963, ex Nürnberg 326, in Krakau seit 2004, seit 2012 Arbeitswagen 1210, TW 115 (Bj. 1967, ex Wien 4467, in Krakau seit 2005)

Teil 2-Braila

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Im Osten Rumäniens an der Donau, knapp 120 Kilometer vom schwarzen Meer entfernt, liegt Braila. Eine Stadt, die eigentlich nicht viel zu bieten hat. Gäbe es da nicht den Straßenbahnbetrieb, der 1997 zehn Nürnberger Großraumzüge bekommen hat. Bis 2011 waren diese beliebten Fahrzeuge im planmäßigen Linienbetrieb. Seitdem steht ein Großteil im Betriebshof Vidin abgestellt. Auf den Straßen Brailas dominieren seitdem die ehemaligen Wiener E1, unterstützt durch einige Berliner KT4D und Rotterdamer GT8

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Bei meinem Besuch im April 2013 konnte ich leider nur ein Foto über die Betriebshofmauer machen. Zwischen einer Reihe mit Wiener E1 (angeführt von TW 4631 (Bj. 1966, ex Wien 4631, in Braila seit 2008) und einigen Rotterdamern (angeführt von TW 1621 (Bj. 1969, ex Rotterdam 1621, in Braila seit 2005), steht der Nürnberger 237 (Bj. 1959, ex Nürnberg 237, in Braila seit 1997). Zwar hatte ich nur dieses Notbild. Aber besser als nichts

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Im Frühjahr 2014 verdichteten sich die Gerüchte, dass zumindest ein Großraumzug wieder durch Braila fährt. Also war ich letzten Oktober nochmal dort. Und siehe da: Vor landestypischer Kulisse drehte das Gespann 237 (Bj. 1959, ex Nürnberg 237, in Braila seit 1997) +1610 (Bj. 1961, ex Nürnberg 1567, in Braila seit 1997) seine Runden

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Vergleicht man die Bilder aus dem Betriebshof von 2013 und die Streckenbilder von 2014, so fällt auf, dass man was an den Fahrzeugen gemacht hat. Allerdings kann das nicht darüber hinweg täuschen, dass man nur das nötigste gemacht hat und auf Verschleiß fährt

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Hier ein Porträt des Beiwagens 1610 (Bj. 1961, ex Nürnberg 1567, in Braila seit 1997)

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Ob das Gespann noch fährt, kann ich nicht sagen, die Informationslage ist sehr dürftig und so gut war der Wagen nicht mehr beinander. Aber ich hoffe, dass das Nürnberger Wägelchen noch lange die Fahrgäste in Rumänien erfreuen kann

Teil 4-Antalya

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Relativ wenige eigene Bilder habe ich von den 200ern in Antalya. Das liegt daran, dass ich erst einmal mit meiner Freundin dort war und da dann andere Sachen wichtiger waren ;) Wie auch immer...seit 1999 fahren die Qualitätswagen auch in Asien. Auf einer Touristenlinie in Antalya kann man aus einer Nürnberger Straßenbahn das Mittelmeer genießen. In der Streckenmitte treffen sich die beiden Garnituren 3 (Bj. 1960, ex Nürnberg 255, in Antalya seit 1998) + 4 (Bj. 1959, ex Nürnberg 1534, in Antalya seit 1998) und 5 (Bj. 1959, ex Nürnberg 212", in Antalya seit 1998) + 6 (Bj. 1964, ex Nürnberg 1586, in Antalya seit 1998). Die Pärchen sind in Antalya fest gekuppelt. Der Triebwagen trägt dabei eine ungerade Nummer und der dazugehörige Beiwagen die nächste gerade Nummer. Diese werden im Liniennummernkasten angezeigt

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Trugen die Wagen anfangs noch eine schöne Lackierung mit einer Stadtansicht von Antalya, so fahren sie seit Jahren mit stetig wechselnden Vollwerbungen durch die Stadt. Das Minarett und das das Atatürk-Denkmal wirken zusammen mit den mittelfränkischen Straßenbahnen schon etwas gewöhnungsbedürftig (TW 1, Bj. 1959, ex Nürnberg 213, in Antalya seit 1998)

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Zum Schluss noch der Beiwagen 2 (Bj. 1960, ex Nürnberg 1553, in Antalya seit 1998)

Epilog

Ich hoffe, euch hat dieser kurze Artikel über meine Lieblinge gefallen :)

Philipp
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M73
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Re: Meine Lieblinge in Mittelfranken und ihrer zweiten Heima

Beitrag von M73 »

Kurze Frage:

Hat jemand vom 305er vielleicht Detailfotos vom Gelenk? Mich interessiert’s Innen, wie Außen, gerne auch der Fußboden und Falls einer mal gemacht, auch von Unten (Grube).
Bin auch mit LINK zufrieden, falls Fotos schon im Netz…
Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch .
(Karl Valentin, Münchner Volksschauspieler und Humorist)

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