(da ist jemand noch ziemlich spät auf
)
Von Anfang an als "Zwitter" zwischen Straßen- und Stadtbahn projektiert, trat der Wagen in die Fußstapfen des drei Jahre zuvor in Erscheinung getretenen Frankfurter P(t)-Wagens. Dieser hatte für Aufsehen gesorgt, weil er geradezu ideal für die schrittweise Umgestaltung der Straßenbahn zur Stadtbahn erschien (mit einer solchen Umgestaltung liebäugelte in den 70er Jahren nahezu jeder westdeutsche Betrieb, sofern er nicht unbedingt von einem reinen Busbetrieb träumte).
Ist der P-Wagen nicht für die Frankfurter Pseudo-U-Bahn optimiert gewesen? Er kommt ja auch in anderen Betrieben - allerdings nur im Ausland zum Einsatz. Ein Einsatz z.B. in Hannover verbittet sich ja wegen der Breite von 2,65m.
Vom "Stadtbahnbetrieb geträumt" haben damals sicher nicht alle Betriebe - auch wenn die allgemeine Meinung gegen die Straßenbahn war, so wurde doch teilweise in die Netze investiert.
Nachdem nun der Hannoveraner TW6000 abermals die Blicke auf sich zog, entstand vor allem im Rhein-Ruhr-Gebiet der Wunsch nach einem möglichst universell einsetzbaren Fahrzeug, das ebenso wie Pt und 6000er für einen Reibungslosen Übergang zur - überwiegend unterirdisch verlaufenden - Stadtbahn gewährleistete.
Was hat der Tw6000 mit dem Ruhrgebiet zu tun? Der Tw6000 ist doch exklusiv für Hannover entwickelt worden. Die Stadtbahn-Ära begann im Ruhrgebiet doch erst mit den B-Wagen oder umgebauten Straßenbahnen.
Hintergrund dieses Bestrebens war, daß die dortigen Verkehrsbetriebe schon lange an einem gemeinsamen, betriebsübergreifenden Stadtbahnnetz planten, das allerdings auch nach Gründung des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr (1980, erster Verkehrsverbund in Deutschland) in dieser Form nie realisiert wurde.
Da die Zukunft innerstädtischer Bahnen zu dieser Zeit - wenn überhaupt - allgemein unter der Erde gesehen wurde und sich der Bau und Betrieb unterirdischer Wendeschleifen (solche gab es zu dieser Zeit in Köln) als sehr aufwendig und kostenintensiv erwies, sollte ein Zweirichtungsfahrzeug her. Auch sollte der neue Wagen in allen Betrieben gleichermaßen einsetzbar sein, um die Fahrzeuge nach Bedarf einfach untereinander austauschen zu können. Eine - vorsichtig formuliert - absurde Idee, da dies schon aufgrund der unterschiedlichen Spurweiten in den VRR-Betrieben nicht möglich war und auch heute noch nicht möglich wäre.
Natürlich plante man ein gemeinsames Netz, allerdings hatten nicht alle Verkehrsbetriebe die gleiche Vorstellung davon. Das Problem der Spurweite wäre wohl noch das geringste gewesen - es folgten daher ja stellenweise Umspurungen, der Ausbau auf Dreischienengleis und teils gleich der Wegfall der normalen Straßenbahn. In vielen Städten hätte eine Stadtbahn nicht gelohnt oder wäre nur mit erhöhtem Umbauaufwand realisierbar gewesen.
So hat man letztendlich das Gegenteil davon erreicht, was angestrebt war: Im Ruhrgebiet gibt es das größte Kuddelmuddel an Systemen im ganzen Land. Sinnvoll und realistisch wäre ein Straßenbahnbetrieb gewesen, der teilweise hätte dreigleisig erfolgen können. So hat nun jede Stadt teils mehrere untereinander nicht kompatible Systeme. Hier hätte der M/N-Wagen durchaus Sinn machen können.
Und selbst wenn teilweise Spurweite und Fahrzeugbreite stimmen - ein Einfahren in andere Netze ist dann wieder wegen anderer Signaltechniken nicht möglich.
Mehr dazu findet man auch im Buch "Straßenbahnen im Ruhrgebiet".
Unter all diesen Umständen kam letztendlich der M/N-Wagen zustande, der zwar für keinen Betrieb das Ideal, für alle Betriebe aber ein tragfähiger Kompromiß war - für die Betriebe einerseits als auch für den Hersteller Düwag andererseits, der sicherlich lieber "echte" Stadtbahnwagen gebaut und verkauft hätte, die aber u.a. wegen ihrer Breite eben nur bedingt und keinesfalls allenorts als Straßenbahnfahrzeuge geeignet sind.
Das "war" kannst du eigentlich durch "wäre" ersetzen - daß mancher Betrieb eigene Wege gegangen ist, sieht man ja z.B. auch an den Duisburger Wagen. Der N/M-Wagen wäre zwar ein guter Kompromiß und ein - entsprechende Anpassung vorausgesetzt - ideales Fahrzeug für das Ruhrgebiet gewesen, zumindest für einige Städte und um die Netze zu verbinden, dazu gekommen ist es aber doch nicht.
Sein Ausscheiden aus Bochum dürfte sicher auch damit begründet sein, daß die BoGeStra irgendwann ihren gesamten Fuhrpark vereinheitlichen möchte - Tango und Variobahn sind ja trotz der Unterschiede weitestgehend baugleich. Fragt sich nur, was mit den MGT6D wird. Vielleicht kommen sie ja zur Rettung nach Brandenburg
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In den späten 70er/frühen 80er Jahren stellte sich nun für einige Betriebe auch außerhalb des VRR, die sich nunmehr auf den Weiterbetrieb ihrer Straßenbahn besannen, ein akuter Bedarf an Neufahrzeugen ein. Auch wenn der M/N als Zweirichtungsfahrzeug nicht unbedingt die Begierde aller Betriebe weckte, konnte er doch nochmals mit seinen Vorteilen als Standardfahrzeug (recht günstiger Preis, kurze Lieferzeit, vsl. relativ unproblematische Inbetriebnahme) überzeugen, was dann auch zu Bestellungen außerhalb des Ruhrgebietes führte.
Unverständlich bleibt mir bis heute, warum die Düwag keine Einrichtungsvariante des Wagens anbot. Mit dieser hätte sich die Produktion der "runden" Form eher einstellen lassen (deren letzte Exemplare kamen noch 1990 nach Freiburg), ebenso hätten sich dann vielleicht auch solche Betriebe für den M/N-Wagen begeistern lassen, die so bei der Konkurrenz bestellten (LHB-Typ "Braunschweig", "Badewannen" für die Albtalbahn, ST10-ST12 in Darmstadt).
Du sagst es ja schon selber - Standardisierung. Man wollte nicht mehr auf Sonderwünsche der Betriebe eingehen. Die GTx waren ja noch in verschiedensten Versionen gefertigt worden, z.B. 2,50m breit für Köln, Anderthalbrichter(mit Türen auf jeder Seite) für Mülheim usw.
Die M/N sollten halt für alle Betriebe geeignet sein - hätte man ausschließlich Einrichter gebaut, hätten die Zweirichter-Betriebe protestiert. In Österreich hat man sich dann halt selber beholfen.
Die zuletzt produzierten "runden" Düwags hatten mit ihren Urahnen aus den 50ern eigentlich nicht mehr viel gemein - bis auf die Form. Schlußendlich mußte man dann aber doch wieder auf Kundenwünsche eingehen(sieh Duisburg, Freiburg GT8Z), sicherlich hätte man sich sonst zu viel Konkurrenz beschert.
Ebenso bleibt unverständlich, warum in Betrieben, die keine Zweirichter brauchten kein Umbau zu Einrichtungsfahrzeugen erfolgte. Dieser war noch zu Zeiten des GTx keineswegs unüblich, zudem wäre speziell in Nürnberg der Einbau der Sänften ein guter Zeitpunkt dafür gewesen.
Daß nichts davon eingetreten ist, dürfte wohl ein weiteres Kuriosum dieses Wagentyps sein.
Vermutlich wäre das zu aufwendig gewesen - es gab ja auch keine Einrichter-Version, die als "Vorbild" gedient hätte. In Nürnberg dürfte man ohnehin damit gerechnet haben, daß die Straßenbahn irgendwann von der U-Bahn verdrängt wird und der Restbetrieb von den neuen Niederflurwagen geleistet werden könne.