Wo sind die Unterschiede? Bitte mal erklären

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Sithis
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Wo sind die Unterschiede? Bitte mal erklären

Beitrag von Sithis »

Ich lese hier immer was von "Beschleuniger-Tatras", Thrysistorsteuerung, Choppersteuerung und PCC-Steuerung.

Kann mir mal einer im genaueren die Unterschiede erklären?

Und was diese Steuerungen und Methoden so alles können?
Zynismus ist der geglückte Versuch, die Welt zu sehen, wie sie wirklich ist. - Jean Genet

#72
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Die Steuerungen vom Tatra

Beitrag von #72 »

Hallo!

Der Thyristor wurde zum Ruckfreien Anfahren und Bremsen eingebaut.
Der Chopper gibt beim Bremsen den Strom zurück in den Fahrdrat.

Hoffe konnte helfen!
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Sithis
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Beitrag von Sithis »

Hm na ja, ich wüßte schon gerne, was

- ein Thrysistor oder Choppersteuerung überhaupt ist
- wie das nun alles im einzelnen funktioniert

Bitte so erklären, daß es auch Leute ohne Physik-Diplom verstehen :D .
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#72
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Thyristor und Chopper noch genauer.

Beitrag von #72 »

Hallo!

Beim Thyristor wird die überflüssige Energie beim Bremsen "zerhacket", daher das Surren der Widerstände auf dem Dach. Wenn der Wagen anfährt, hört man nur ein etwa leiseres/tieferes Summen unter dem Wagen (Ich weiß es nur vom Berliner KT4Dt und T6A2). Der Thristor ist keine PCC-Schaltung wie im T3/T4D!. Nur Berlin besitzt die 99 KT4Dt.

Beim Chopper wird der Strom beim Bremsen in den Fahrdrat zurück geleitet, man hört oft ein langes Piepen beim Bremsen und Anfahren. Der Chopper ist eine Art neuer Thyristor (er vernichtet den Strom nicht ) der in den 90iger in fast allen Tatras eingebaut wurde.

Weiter weis ich nun auch nicht mehr.
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Sithis
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Beitrag von Sithis »

Ok, danke, ist schon mal etwas.

Falls jemand noch mehr weiß, bin ich ganz Ohr :) .
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Tramfreund
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Unterschiede

Beitrag von Tramfreund »

Chopper und Thyristorsteuerung sind in Grundprinzip gleichartige Steuerungen. Der "Chopper" wurde von den sogenannten "kapitalistischen Ländern" entwickelt. Zeitgleich machten sich auch die Elektroingeneure in Praha daran, solch eine Steuerung zu entwickeln. Das war Anfang der 70er Jahre. Ich weiss, das Wien eines der ersten Städte war, die in Ihren Lizens-Duewags Choppersteuerungen hatte. Die Rückspeisung ist nur eine Weiterentwicklung beider Steuerungen. Die TV14 Steuerung von Cegeleg (Dort finden wir übrigens auch Tatra-Ingeneure wieder) hat auch diesen energeisparenden Vorteil. Es kann übrigens nur zurückgespeist werden, wenn ein weiterer Verbaucher im Streckenabschnitt ist. Sonst wird der Bremsstrom in den Widerständen verbrannt.
Ersatzteilprobleme dürfte es eigentlich nicht geben, da diese Steuerungen noch heute angeboten werden.
Übrigens hat nicht nur Berlin KT4-t. In Zagreb sind auch ein oder zwei gelandet.
PCC und Beschleunigersteuerung sind zwei Begriffe, obwohl alle ein und das selbe meinen. Die Lizens dieser Fahrzeuge (Form, Rahmen und Antriebsteuerung) stammt aus den USA. Die Abkürzung PCC steht für President Conference Comitee, ein Zusammenschluss amerikanischer Verkehrsbetriebe und Hersteller, einem dem Auto konkurrenzfähiges Produkt zu entwickeln. Heraus kam der heut legendäre "PCC-Wagen", der die Trambetriebe in Nordamerika leider nicht retten konnte, in Europa aber seinen Siegeszug hatte. In Lizens hatten neben CKD TATRA Praha auch BN in Brügge, Fiat und nicht ganz legal Konstal in Polen die Fahrzeuge nachgebaut.
Amerikanische PCC´s fand man in Sarajevo.
Die ersten Wagen von BN sahen den amerikanischen am ähnlichsten. Die polnischen Wagen haben zwar eine eckige Form, sehen aber "von unten" aus, wie ein Tatra. Die Gelenkwagen und die Warschauer Großraumwagen haben teilweise anstatt eines Beschleunigers noch einen mechanischen Fahrschalter (Kurbel).
Also PCC-Wagen sind nur Wagen, die auch einen Beschleuniger haben. Somit sind die mit der TV1-Steuerung ausgerüsteten T3 für die tcheschichen und slowakischen Verkehrsbetriebe keine PCC-wagen mehr.
Tramfreund

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Sithis
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Beitrag von Sithis »

Danke schon mal für die Infos.

Ein Beschleuniger ist also ein stinknormaler Fahrschalter, der einfach nur mehr Strom fließen läßt, wenn Leistung benötigt wird, oder?

Stimmt, die Konstal-Dinger sehen den Tatras ähnlich :D .
Die Tatras sind aber schöner, nicht so unförmig.
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Tramfreund
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Der kleine Unterschied

Beitrag von Tramfreund »

Der Beschleuniger mit den dazugehörigen Schützen ersetzt den Fahrschalter. Das Fahr-und Bremspedal ersetzt die Kurbel. Das nennt man auch indirekte Steuerung, die mit Fahrschalter und Kurbel direkte Steuerung. Also: Der Beschleuniger ist ein Elektromotorisches Schaltwerk.

Er ist ein Feinstufenschalter und besitzt 99 Fahrstufen. Durch eine entsprechende Schaltung wird diese Zahl beim Bremsen verdoppelt.

Der Beschleuniger ist rund und hat ca. 1m Durchmesser. Die Widerstände sind Fächerartig um den Beschleuniger (ZR) angeordnet und mit dem jeweiligen Schaltkontakt elektrisch verbunden. Der elektrische Widerstand des Beschleunigers beträgt ca. 2,65 Ohm. In der Mitte des Beschleunigers ist ein Drehkreuz mit 2 Andruckrollen (nicht bei dem KT4, der hat nur eine). Er drückt nacheinander einen oder zwei Kontaktfinger (das sind die 99 Stück) und stellt damit eine elektrische Verbindung zu den Widerständen her. Je weiter er dreht, umso kleiner wird der Widerstand und umso schneller laufen die Fahrmotoren. Wenn er hochgelaufen ist, dann ist der Widerstand gleich null und es liegt an den Fahrmotoren die volle Spannung an.

Gesteuert wird das Kreuz von dem Pilotmotor, welches wiederum vom Begrenzungsrelais, das den zu den Motoren fliessenden Strom überwacht gesteuert wird. Wieviel Strom fließt bestimmt der Fahrer mit dem Fußpedal (5 Fahrstufen, 180, 240, 300, 380 und 460A).

Der Pilotmotor läuft immer mit der gleichen Drehzahl. Er wird nur angehalten und läuft wieder an ( stotternder Lauf).

Schematisch passiert folgendes:
Anfahren:
Fahrer tritt auf Fahrpedal: Bremsschütze B1 und B2 fallen ab, Hauptschütz LS und Fahrschütz M1 ziehen an. Der Beschleuniger läuft an und klappert (das heist wirklich so) die Widerstände von A nach B ab. Dann zieht das Schütz M2 an und überbrückt den Beschleuniger. Es liegt jetzt die volle Fahrspannung an den Fahrmotoren an. Gleichzeitig schaltet das Bremsumschaltschütz 1B3 2B3 um. Das ist das einvernehmliche Knacken was man beim Anfahren hört. Das geschieht bei ca 25k/mh. Der Beschleuniger läuft jetzt wieder zurück und schaltet dabei über Hilfskontakte die Feldschwächungsschütze (Shunt) zu. Der Anfahrvorgang ist beendet.

Beim Rollen sind die Bremsschütze B1 und B2 angezogen und der Beschleuniger wird durch das Begrenzungsrelais immmer auf die richtige Bremmstufe gestellt. Der Tatrawagen hat darum keinen freien Auslauf. Aufgrund dieser Schaltung bremst er beim Rollen mit 60 - 80Aselbstätig.

Bremsen:
Fahrschütze und LS sind offen, Bremsschütze geschlossen, Fahrmotoren werden zu Generatoren und erzeugen beim Bremsen Strom (Induktionsspannung). Das 1B3 2B3 ist angezogen und schaltet die Bremswiderstände, welche ungefähr den gleichen Wert wie der Beschleuniger hat mit diesem in Reihe. Somit hat der Bremswiderstand den doppelten Wert des Beschleunigerwiderstandes. Der Beschleuniger läuft von A nch B und schaltet die Widerstände in 99 Stufen ab. Schütz 1B3 2B3 fällt ab und schaltet den Beschleuniger so, das der Bremswiderstand jetzt vom Beschleuniger gebildet wird. Der läuft jetzt von B nach A und schaltet die Widersrände wiederum in 99 Stufen ab. Der Widerstand ist jetzt gleich null. Wir stehen fast. Über Hilfskontakte werden die Federspeicherbremsen (FSB) aktiviert und jetzt stehen wir wirklich.

Übrigens: Der Bremsstrom der Fahrmotore im 2. Tw versorgen die 4 Bremssolenoide im Bw mit Strom. Aber, das ist wiederun eine ganz andere Geschichte.

Ich hätte es gern einfacher erklärt. Aber es ist halt keine Pferdebahn mehr.

Das ist die Steuerung für Tatrawagen mit Bw-Betrieb. Die Steuerung ohne Bw ist etwas einfacher gehalten.
Tramfreund

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Sithis
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Beitrag von Sithis »

Hab zwar kein Physik-Diplom aber ist schon halbwegs verständlich. Danke :D .
Zynismus ist der geglückte Versuch, die Welt zu sehen, wie sie wirklich ist. - Jean Genet

Logital
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Beitrag von Logital »

Ich glaube die Frage des nkacken war auf das Geräusch gemünzt das auschließlich dann kommt wenn ich von Beschleunigungspedal runtergehe. Vorzugweise ist es besondes dann laut, wenn der Beschleuniger noch im Spiel ist.
Noch eine Erfahrung: Es macht ab etwa 30km/h dager auch kein Unterschied mehr ob man nun voll in Pedal reindrückt oder nur die erste Fahrstufe. Der Wagen beschleunigt immer gleich.
Wenn ich über 60 km/h fahre ist die Bremsstromvorbereitung sogar höher als die Standard 80 A. Wie kommt das eigentlich zustande?

Tramfreund
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Beitrag von Tramfreund »

Das knackende Geräusch kommt vom Hauptschütz. da diese unter Last geschaltet wird entsteht ein Lichtbogen. Und das geht nicht gräuschlos ab (Blitz und Donner).

Jeder Motor erzeugt bei seiner Bewegung im Magnetfeld eine Gegenfeld (Induktionstrom). Diese wirkt dem eigentlichen Magnetfeld entgegen. Bei Geschwindigkeiten über 60 km/h ist dieser Induktionsstrom höher als die 80A Vorbereitungsstrom. Dadurch kommt beim Ausrollen das höhere Selbstbremsen zustande. Aber Vorsicht beim "Tieffliegen" mit Tatras. Da wurde schon der ein oder andere Motor hochgejagt.

Über 30 Km/h ist der Beschleuniger überbrückt, d.h. es liegt die volle Spannung am Motor an. Darum ist es egal, wie tief man das Pedal tritt.
Tramfreund

Jens
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Beitrag von Jens »

Beim Chopper wird der Strom beim Bremsen in den Fahrdrat zurück geleitet, man hört oft ein langes Piepen beim Bremsen und Anfahren. Der Chopper ist eine Art neuer Thyristor (er vernichtet den Strom nicht ) der in den 90iger in fast allen Tatras eingebaut wurde.
Kommt auch drauf an welche Choppersteuerung eingebaut wurde.
Bei den Leipziger Tatras ertönt das Piepen. Bei den Hallenser Tatras, wo die AEG-Choppersteuerung eingebaut wurde, ertönt ein lauters Summen bei Anfahren und Bremsen. Wobei das Geräusch beim Anfahren leiser klingt als beim bremsen.

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Sithis
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Beitrag von Sithis »

Tramfreund hat geschrieben:Das knackende Geräusch kommt vom Hauptschütz. da diese unter Last geschaltet wird entsteht ein Lichtbogen. Und das geht nicht gräuschlos ab (Blitz und Donner).

Jeder Motor erzeugt bei seiner Bewegung im Magnetfeld eine Gegenfeld (Induktionstrom). Diese wirkt dem eigentlichen Magnetfeld entgegen. Bei Geschwindigkeiten über 60 km/h ist dieser Induktionsstrom höher als die 80A Vorbereitungsstrom. Dadurch kommt beim Ausrollen das höhere Selbstbremsen zustande. Aber Vorsicht beim "Tieffliegen" mit Tatras. Da wurde schon der ein oder andere Motor hochgejagt.

Über 30 Km/h ist der Beschleuniger überbrückt, d.h. es liegt die volle Spannung am Motor an. Darum ist es egal, wie tief man das Pedal tritt.
Mir dreht sich der Schädel vor Fachbegriffen. Was genau heißt das alles?
Warum es knackt, erschließt sich mir noch nicht ganz...

PS:
Ich glaube die Frage des nkacken
*vomstuhlkippvorlachen*
Zynismus ist der geglückte Versuch, die Welt zu sehen, wie sie wirklich ist. - Jean Genet

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T3D-Fan
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Ein paar Anmerkungen ...

Beitrag von T3D-Fan »

PCC-Prinzip: Meines Wissens nach bezieht sich das PCC-Prinzip mehr auf die (Wagenkasten-)Bauform, denn auf die Antriebstechnik. - Oder? Nach amerikanischen Vorstellungen sollten die Bahnen in ihrer Form Ableitungen von den damals (und auch heute dort noch) üblichen Bussen sein. - Fenster- und Türenanordnungen sollten vom Bus übernommen werden. Deshalb auch das bullige Auftreten/Design der Ur-PCCs (auch T1).

Zum Beschleuniger: Zwar hatten die Tatras 99 Beschleunigungs- und Bremsstufen, doch wurden - soweit mir bekannt ist - in allen(?) DDR-Verkehrsbetrieben die letzten beiden Stufen blockiert, um den hohen Stromverbrauch zu reduzieren. Effektiv hatten/haben die deutschen Bahnen also nur 97 Brems- und Fahrstufen.

Zur Thyristor-Steuerung: Wenn mich meine E-Technik-Erinnerung nicht ganz sehr täuscht, dann wird doch dabei der Gleichstrommotor im niedrigen Drehzahlbereich wie ein Synchronmotor (als mit Wechselspannung aus "gehackter" Gleichspannung) betrieben. Das dient eigentlich primär dem Senken des Stromverbrauches beim Anfahren. - Oder täusche ich mich da??? (Kritik willkommen!!!)

Dirk
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Beitrag von Dirk »

Zum Beschleuniger: Zwar hatten die Tatras 99 Beschleunigungs- und Bremsstufen, doch wurden - soweit mir bekannt ist - in allen(?) DDR-Verkehrsbetrieben die letzten beiden Stufen blockiert, um den hohen Stromverbrauch zu reduzieren. Effektiv hatten/haben die deutschen Bahnen also nur 97 Brems- und Fahrstufen.
Bis du dir da ganz sicher? Meines Wissens nach bezog sich diese Sperrung auf die oberen beiden der 5 Vorwahlstufen und wurde nur während der Erprobungszeit mit den drei Prager Wagen sowie am Anfang der serienmäßigen Einführung vorgenommen.

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