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Flachstellenterror!

Verfasst: 04.11.2010 14:56
von Sithis
Mir ist in den letzten Tagen in Kassel mal wieder verstärkt aufgefallen, daß etliche Bahnen mit hämmernden Flachstellen unterwegs sind. Es scheint auch mit dem Herbst zusammenzuhängen und trifft hauptsächlich die NGT6C, da hier die Einzelrad-Einzelfahrwerke hämmern.

Ich frage mich, warum die Verkehrsbetriebe die Bahnen ewig damit herumfahren lassen. Es nervt tierisch und ich kann mir nicht vorstellen, daß es auf Dauer gut für die Bahn ist. Oder? Wie wird das generell gehandhabt mit Flachstellen? Wie sind die tatsächlichen Auswirkungen auf Bahn und Gleise?

Re: Flachstellenterror!

Verfasst: 04.11.2010 22:17
von koneggS
Sithis hat geschrieben: Ich frage mich, warum die Verkehrsbetriebe die Bahnen ewig damit herumfahren lassen. Es nervt tierisch und ich kann mir nicht vorstellen, daß es auf Dauer gut für die Bahn ist. Oder? Wie wird das generell gehandhabt mit Flachstellen? Wie sind die tatsächlichen Auswirkungen auf Bahn und Gleise?
Statt Fahrten ausfallen zu lassen sind die Bahnen eben mit Flachstellen unterwegs.

Re: Flachstellenterror!

Verfasst: 04.11.2010 22:24
von Sithis
Aber wie sieht es nun mit den Auswirkungen aus? Bei der KVG kann nix groß ausfallen, da die eh von 0-4 Uhr ne Betriebspause machen. Das dürfte eigentlich ausreichend Zeit sein, die Flachstellen zu reparieren.
Zudem hat man meines Erachtens nach genug Fahrzeugreserve, da in letzter Zeit HVZ-Kurse(Schülerverkehr) oft mit Niederflurbahnen statt mit N-Wagen gefahren wurden.

Re: Flachstellenterror!

Verfasst: 05.11.2010 00:16
von Manitou
Je nach Größe der Flachstellen müssen Fahrzeuge am Ende des Betriebstages, bei nächter Tauschmöglichkeit oder auch unverzüglich aus dem Fahrgastverkehr genommen werden. Bei sehr großen Flachstellen ist dabei die Weiterfahrt zur Werkstatt mit verminderter Geschwindigkeit bzw. sogar ein Abschleppen auf Rollbock notwendig. Die Größen müßten in den einzelnen Betrieben (ggf. je nach Fahrzeugtyp unterschiedlich) festgelegt sein. Ich kenne eine solche Regelung aus der DV 432 für die Berliner S-Bahn (noch bei der DR).

Re: Flachstellenterror!

Verfasst: 05.11.2010 17:43
von koneggS
In drei Stunden sämtliche Fahrzeuge abdrehen dürfte fast unmöglich sein, außerdem wird es ja noch andere Sachen zu reparieren geben. Je nach Größe der Flachstelle (Kleinere stellen ja letztendlich nur eine Komfortminderung dar und einen etwas (!) höheren Verschleiß) ist es wahrschienlich effektiver, eine Bahn auch mal fahren zu lassen, zumal im Herbst eine neue Flachstelle sowieso unverzzüglich wieder auftaucht.

Re: Flachstellenterror!

Verfasst: 05.11.2010 18:28
von Sithis
Gut, das Ding dröhnt aber schon bei Schrittgeschwindigkeit ohrenbetäubend. Warum genau kann man sich im Herbst denn besonders schnell eine Flachstelle einhandeln? Weil oft etwas ruckartigere Bremsmanöver wegen dem nassen Laut notwendig sind?

Re: Flachstellenterror!

Verfasst: 05.11.2010 19:23
von koneggS
Genau. Durch das Laub vermindert sich die Haftreibung zwischen Rad und Schiene, sprich die Bahn bremst deutlich schlechter (und fährt auch schlechter an). Blockieren nun Räder bzw. gleiten mit unterschiedlicher Drehgeschwindigkeit über die Gleise, was speziell bei angetriebenen und nicht angetriebenen Fahrwerken passiert, kommt es zu Flachstellen. Auch beim Bremsen mit Mg-Bremse kann es durchaus dazu kommen.

Re: Flachstellenterror!

Verfasst: 07.11.2010 05:37
von Möckern-Peter
So wie Leipzig keine graffiti duldet, werden auch "Klopfer" aus dem Rennen genommen. Beschwert sich der Fahrer, nervt die Leitstelle den Hof, ist es "nur" ein Laufzetteleintrag, bemerkt man es halt beim Einrücken.
Außer den witterungsgemäßen Haftreibungsproblemen resultieren Flachstellen auch aus technischen Fehlfunktionen - wenn z.B. die Bremse nicht/nicht völlig gelöst hat und Achse(n) stehend über x Meter (bzw. mehrmalig) "mitgeschliffen" wurden.
Im allerextremsten Fall ist die Flachstelle so "platt", dass der Wagenkasten springt! So habe ich mal (mit 1018) die 805* von Angerbrücke nach Paunsdorf (dort ist die Maschine) befördert. Und da man weiß, dass sich 20/25 km/h am idealsten machen, habe ich für die engen Rosa-Luxemburg- und Eisenbahnstr. ebenjene Geschwindigkeit gewählt... :lol: Ich war sicher ein Stück weit zu bemerken, hihi. *805 und Haltemagnet-Probleme gehörten zueinander :evil:
Grundsätzlich schädigt ein Klopfer nicht das Gleis, aber - bei Tatras - MIT DER ZEIT den Monoblock, d.h. den Radkörper unter der Bandage, da dieser aus 2 Teilen mit Gummieinlage besteht und somit fortwährend gestaucht wird. Man sollte damit nicht x Tage herumfahren, aber es kommt IMMER auf die Intensität des Klopfers an.
Auch gibt es Flachstellen, die keine sind! Ein Grat von der Bandage, der sich irgendwann lösen wird, hämmert ungünstigstenfalls genauso und ein klebender Teerklumpen auch.
Die Bearbeitungszeit richtet sich danach, wieviel Achsen betroffen sind. Bei einer Einzelachse hat man den Wagen noch in einer Dienstschicht wieder, ein NGT12 braucht für die Neuprofilierung - so das Fachwort - ALLER Achsen einen ganzen Arbeitstag.
Während Spurkranzkorrekturen geplante Arbeiten sind, pfuschen unplanbare Klopfer natürlich in's Programm, sowohl der Bf.-Rangierer als auch des Radsatzbearbeitungs-Personals.

Re: Flachstellenterror!

Verfasst: 09.11.2010 20:19
von Sithis
Nun gut, mir stellen sich da noch einige Fragen:

1. Können Flachstellen auch von zu schnellem Anfahren kommen?
2. Gibt es mittlerweile nicht sowas wie eine Art ABS für Schienenfahrzeuge?
3. Was ist eigentlich genau eine Bandage? Mir sagt das leider nix :oops: . Ich schätze mal, es ist vermutlich kein Verbandszeugs aus dem Erste-Hilfe-Kasten, was um die Achse gewickelt wurde :lol: .

Re: Flachstellenterror!

Verfasst: 10.11.2010 00:08
von Manitou
Beim Anfahren mit durchdrehenden Rädern (Schleudern) kann es zu ausgeschliffenen Stellen an den Schiene kommen, wenn Räder sich im Stand drehen. Dies ist aber für Straßenbahnen eher untypisch, da bei 30-100% angetriebenen Achsen ein längeres Schleudern im Stand unwahrscheinlich ist. Dies tritt eher bei schweren Güterzügen auf.
Ein Gleitschutz (so nennt man das "ABS" bei Schienenfahrzeugen) ist bei Straßenbahnfahrzeugen nur an nicht angetriebenen Achsen notwendig, da bei einer elektrodynamischen Bremse (bremsen mit dem als Generator laufenden Motor über Widerstand bzw. Rückspeisung) die Bremskraft bei Auftreten von Schlupf sich automatisch reduziert und damit ein blockieren der Räder nicht möglich ist.

Re: Flachstellenterror!

Verfasst: 10.11.2010 16:25
von Standi
Eine Bandage ist der Metall-Radreifen der auf das Rad aufgepreßt ist.

Re: Flachstellenterror!

Verfasst: 10.11.2010 23:17
von Möckern-Peter
Oder aufgeschrumpft. Bandage wird glühend um den Radkörper gelegt und zieht sich beim Erkalten fest. Eine Bandage ist also wechselbar, ein Verschleißteil.Gewechselt muss sie werden, wenn die geforderte Mindesthöhe durch x-maliges Reprofilieren (schleifen, drehen) nicht mehr gegeben ist. (Man kann natürllich auch die Achsen oder Drehgestelle tauschen und die Bandagen in Ruhe wechseln, während der Wagen längst wieder fährt.) Bis dahin wird reprofiliert; heißt einerseits Flachstellen beseitigen, andererseits aber, die Soll-Maße des Radquerschnittes wiederherzustellen. Der Dauergebrauch führt u.a. zu zu breiten oder aber zu niedrigen Spurkränzen. Ein Fahrzeug, bei dem während der Durchsicht das baldige Erreichen des Betriebsgrenzmaßes absehbar ist, wird aufnotiert und vorgesehen; hat der Wagen bereits "Endmaß", darf er zwischen Durchsicht und Nachdrehen nicht in den Einsatz. Da es beides spanabhebende Verfahren sind, wird das Rad also kleiner, d.h. die Bandage dünner. Und wenn da wiederum ein Maß erreicht/unterschritten ist, muß die Bandage s.o. gewechselt werden.
Leipzig hat Drehereien in Paunsdorf und Leutzsch; die Schleiferei in der Wittenberger Str. ist a.B. Bandagen gehen nur in der Hauptwerkstatt zu wechseln, jedoch mangels Maschine kein drehen: die Hw verbaut nur maßgerechte Räder.
Schleuderschutz hin/her, durchdrehende Räder gibt es trotzdem. Bei t-Wagen verhindert es der Schlupf, wenn er nicht ausgeschaltet ist. Stimmt, "stehende" Räder alter Definition sind mittels Gleitschutz normal nicht möglich, aber bei nicht korrekt funktionierenden Bremsen eben doch. Bzw. der Gleitschutz ist ja bloß eine Re-Aktion, die von einem Geber ausgelöst wird. Das ist dann doch mit geringer Zeitverzögerung verbunden und ehe der Gleitschutz das wieder löst, schleift es eben doch mal. Man wird es - wir sind beim Herbst - nie völlig vermeiden können.

Re: Flachstellenterror!

Verfasst: 11.11.2010 18:46
von Sithis
Gut, dann wäre ja klar, was eine Bandage ist. Muß ich mal darauf achten, ob die bummert :mrgreen: .

Re: Flachstellenterror!

Verfasst: 13.11.2010 01:34
von Manitou
Was man bei der Straßenbahn als Bandage bezeichnet, heißt bei der Eisenbahn Radreifen.