[GR] - Viele Straßenbahnpläne blieben Visionen (Artikel)

Straßenbahnbetriebe in Deutschland
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Daniel Kramer
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[GR] - Viele Straßenbahnpläne blieben Visionen (Artikel)

Beitrag von Daniel Kramer »

Quelle:
Donnerstag, 2. Februar 2012
(Sächsische Zeitung)

Viele Straßenbahnpläne blieben Visionen
Von Ralph Schermann

Das einst erstellte Konzept „Straßenbahn 2010“ sollte längst umgesetzt sein. Doch nur wenig wurde Realität.

Binnen 24 Stunden quälen sich auf den wichtigsten innerstädtischen Verbindungen rund 67000 Fahrzeuge durch Görlitz. Davon allein 8700 zwischen Königshufen und Stadtmitte. Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) hat daran einen Anteil von rund 16 Prozent.

Zu diesem Ergebnis gelangte vor 18 Jahren eine vom Land Sachsen geförderte Studie. Heute hat der Verkehr weiter zugelegt, die ÖPNV-Auslastung indes blieb stabil. Davon können andere Städte nur träumen. Bautzen zum Beispiel meldet als Anteil des ÖPNV lediglich acht Prozent. Folgerichtig gaben Görlitzer Stadträte grünes Licht für Stadtbus und Bahn, sprachen sich 1997 sogar für den Ausbau des Straßenbahnnetzes aus. Die Analyse sah die Entwicklung des ÖPNV nicht nur aus Sicht der Verkehrsplaner, sondern bezog weitere Daten mit ein: Straßenbau, Prognosen Handel und Gewerbe, Altersstruktur und sogar eine Befragung jeden vierten Haushaltes. All das bekam einen Namen: „Konzept Straßenbahn 2010“. Das Hauptziel wurde im Görlitzer Rathaus so formuliert: „Wir wollen ein ausgebautes Radialnetz per Straßenbahn, dazu Busse am Rand. Wir wollen Umsteiger nicht überstrapazieren, denn lange Wartezeiten sind keine Qualität. Und wir wollen alle Linien so, dass man aus allen Richtungen in alle Richtungen gelangen kann.“

Das Konzept überzeugte in Dresden, wo man Görlitz als „zu entwickelndes Netz“ bestätigte. Allerdings werde das alles wohl rund 25 Millionen Euro kosten, hieß es. Das sei „ein Fakt, der sich mit dem Ziel 2010 beißen könnte“. Dresden sollte mit dieser Sicht recht behalten.

Die Vision: „Es kommen Strecken nach Rauschwalde und zur Stadthalle mit der Option Zgorzelec dazu. Die Linie nach der Virchowstraße wird über Königshufen geführt. Eine Kleinbusverbindung ist zwischen Rauschwalde – Landeskronsiedlung – Biesnitz – A.-Thaer-Straße – Weinhübel möglich.“ Und was wurde erreicht? Wenig. Das wundert kaum, denn die damals erwarteten 60000 Einwohner sind heute unterschritten. Im westlichen Königshufen wurde zwar Marktkauf an die Bahnlinie 3 angeschlossen, der nächste Abschnitt bis Klinikum aber ruht und ist auch für die nahe Zukunft nicht zu erwarten. Von einer grenzüberschreitenden Straßenbahn hatten sich die Planer längst verabschiedet und sind umso mehr erstaunt, dass jetzt ein neuer Anlauf sichtbar wird. Für eine Bahn nach Rauschwalde wurden lediglich Verkehrsflächen beim Ausbau der Brautwiesen- und Landeskronstraße vorbeugend berücksichtigt.

Der Wegfall der Kreisfreiheit schaffte für die Straßenbahn bedenkliche Züge. Zuschüsse, die zum Teil vom Landkreis kommen müssen, fließen nicht in der erwarteten Höhe. Bis 2017 ist der bisherige ÖPNV noch gesichert, dann muss er neu ausgeschrieben werden. Das wenige, was bisher von den einst beschlossenen Visionen umgesetzt wurde, dürfte dann erst recht nicht mehr Realität werden.

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