Tatrawagen-Beschaffungsplanung nach 1991

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Sithis
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Beitrag von Sithis »

Auch wenn die Tatras "Kult" sind, so waren es doch ungeliebte Kinder des RGW-Abkommens.
Technisch veraltet, Stromfresser, fehleranfällig, oftmals ungeeignet für die Betriebe(zu groß, daher auch das "Reko"-Programm), keine Zweirichter...
Auch wenn es hart klingt, aber so manch alte "West-Straßenbahn" ist den Tatras - obwohl älter - in vielerlei Hinsicht überlegen, die Tatras hingegen (beinahe) Oldtimer.
Schließlich erfreuen sich auch uralte West-Fahrzeuge nach der Ausmusterung großer Beliebtheit im Osten Europas oder noch weiter weg.
Zynismus ist der geglückte Versuch, die Welt zu sehen, wie sie wirklich ist. - Jean Genet

Manitou
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Neue Generation

Beitrag von Manitou »

Der Umstieg vom Beschleuniger zum Thyristor in der neusten Fahrzeug-Generation hat den Energieverbrauch gesenkt und die Fahrzeuge auf modernsten Stand gebracht. Von der Raumaufteilung her waren sowohl der KT4D als auch der T6A2 für die Entwicklung einer Zweirichtungsversion besser geeignet als der T4D (mit der vermurksten Türanordnung durch die schräge Fahrerkabine bei den Umbauwagen).
Mit dem T5C5 und dem KT8D5 sind auch Zweirichtungswagen in Serie gebaut worden. Der Kasten vom T5C5 mit der Elektrik der T6-Generation wäre ohne "Wende" eventuell auch als Serienwagen für die DDR gebaut worden (statt des Musterwagens für New Orleans).
Ein Zweirichtungswagen T6C2 wäre somit auch für Kleinbetriebe der DDR geeignet gewesen. Wenn man den Beiwagen zum Steuerwagen weiterentwickelt hätte (sowas hatte ein Betrieb auf der krim sich aus den Gothaern gebastelt), wäre es z.B. denkbar gewesen, in Woltersdorf, Straußberg, Schöneiche und Bad Schandau Tatras einzusetzen.
Es geisterte um 1990 auch mal eine Andeutung einer Studie über einen Zweiachs-Tatra durch die Bahn-Literatur.

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Sithis
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Beitrag von Sithis »

Modernisierung - du sagst es. Man mag ja davon halten, was man will, ich habe meinen Standpunkt dazu ja auch schon klargemacht - vielerorts wurden die Fahrzeuge "totmodernisiert", wie in Berlin.
Andererseits:
Nüchtern betrachtet bieten diese aber doch mehr als die "Unverbastelten".
Ich kann mich noch sehr oft erinnern, wie lumpig die Bahnen in Berlin manchmal aussahen: Abblätternde Farbe innen (wer das noch sehen will, ab nach Strausberg), und die Lautsprecheransage war nicht selten durch Defekt nicht mehr als nur ein Geschnarre, manchmal zirpte es sogar in den lustigsten Tönen. Die Türen gingen manchmal nur halb zu, dazu oft sehr langsam, die Klingel schnarrte oft schon heftig...
Von "Qualität" kann hier keine Rede sein.
Die Fahrzeuge wurden nach der Wende ja auch mit den neuen Technologien des Kapitalismus verbessert. Wären sie nicht so gräßlich verkratzt und hätte man das Abfahrtsignal anders gestaltet(und bessere Sitze eingebaut), wären die Berliner Fahrzeuge durchaus "Vorzeige"-Fahrzeuge.
CKD hat zu spät die Kurve gekriegt und ging leider in Konkurs.

Übrigens bin ich auch der Meinung, daß die Niederflurdiskussion auch erst durch solch hochbodige Fahrzeuge wie die Tatras ausgelöst wurde.
Hätte der VEB Gotha weiterbauen können, wäre das sicher anders gekommen.
Die Gothawagen sind nämlich durchaus viel niedriger.

Und Zweirichter von CKD kamen halt zu spät für die DDR.
Aus heutiger Sicht ist es mir unverständlich, warum das RGW-Abkommen vorsah, daß nur CKD baut.
Hätten alle Werke parallel zueinander weiterbauen können, wäre das sicher sinnvoller gewesen.
War ja nicht so, daß CKD sämtlichen Bedarf decken konnte.
Daß sich nicht daran gehalten wurde, sieht man ja auch an Konstal und Ganz.

Und ganz ehrlich, zum Glück kam es nie zum Ersatz der Woltersdorfer und Bad Schandauer Bahnen...wäre doch unromantisch, statt der Zweiachser da T6C5 mit Schwenktüren zu haben.
Zynismus ist der geglückte Versuch, die Welt zu sehen, wie sie wirklich ist. - Jean Genet

Manitou
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RGW-Beschlüsse und deren Auslegung

Beitrag von Manitou »

Viele RGW-Beschlüsse waren nicht bindend, sondern Empfehlungs-Beschlüsse. Ungarn, Polen, Rumänien und Bulgarien bauten weiter eigene Straßenbahnenen.
Der Beschluß zum Diesellokbau hatte z.B. nur Empfehlungscharakter. Aber das Ministrium für Schwermaschinenbau wollte den Lokmotivbau in Potsdam-Babelsberg auf Schiffsausrüstung umprofilieren.
Und Gotha baute Maschinenkühlzüge (u.a. auch für den Export). Ob da nicht das Ministrium für Außenhandel seine Finger im Spiel hatte?
Schließlich brauchte man was, um das Erdöl zu bezahlen.

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Tram1212
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Beitrag von Tram1212 »

Hallo Manitu ...

Der KT8D5 war eine mehr oder weniger Entwicklung für den westeuropäischen Markt. Die Entwicklung der Stadtbahnwagen war ausschlaggebend. Nur gefruchtet hat es nicht.
Alle sagten: Das geht nicht...
Dann kam einer, der wusste das nicht und hat's gemacht...

...and I walk the line...

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Sithis
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Beitrag von Sithis »

Wenn es nur Empfehlungen waren, warum hat man dann Rekos "rekonstruiert"(die letzten Serien waren Neubauten) statt offiziell neue Wagen zu bauen?

Irgendwer hat da schon Druck gemacht...
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Manitou
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Das lag am Hersteller

Beitrag von Manitou »

Das Raw Berlin-Schöneweide war offiziell nur für die Instandhaltung zuständig. Neubau war Sache der Industrie. Auch Reisezugwagen, welche die DR in Halberstadt bauen ließ (Bghw) galten offiziell als Rekonstruktion, waren aber (zumindestens bei den späten Bauserien) Neubauten.
Erst in den späten 70er Jahren hat die DR unter dem Begriff des Rationalisierungsmittelbaus offiziell in Raw's Neubauten gefertigt.
Es hatte also nichts mit dem RGW, sondern mit der Wirtschaftsstruktur in der DDR zu tuen, daß nur die Industrie was neues bauen konnte.

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Matze
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T6/B6 für Zittau

Beitrag von Matze »

In Raum Zittau sollte ab 1990 schrittweise bis ca. 1995 durch eine Überlandstraßenbahn ersetzt werden. Vorgesehen waren dafür Fahrzeuge der Typen T6A2D und B6A2D.

Matze
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Manitou
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Re: Tatrawagen-Beschaffungsplanung nach 1991

Beitrag von Manitou »

Haben sich inzwischen Fotos des Modells für den Reko-T4D Halle bzw. Zeichungen und Modellfotos für die ab ca. 1990 geplanten Neubau-Straßenbahn-Wagen (Ammendorf) gefunden? Gibt es Hinweise, daß der Tatra-Zweiachser (von einem halbierten KT4D abgeleitet) tatsächlich in Entwicklung war oder handelte es sich nur um eine Studie?
Sind inzwischen weitere Materialien über geplante Beschaffungszahlen von Tatras für die 90er Jahre entdeckt worden? Sollte von den 3 T4D-Regelspur-Städten im Rahmen der Typenbereinigung eine ihre neueren Fahrzeuge auf die beiden anderen umverteilen und bevorzugt T6A2 erhalten?

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Paul
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Re: Tatrawagen-Beschaffungsplanung nach 1991

Beitrag von Paul »

T3D-Fan hat geschrieben:
Manitou hat geschrieben:Sollten außer Berlin, Leipzig, Rostock und Magdeburg weitere Städte den T6A2/B6A2 in Serie erhalten, wenn ja wie viele? ... Gab es Pläne für eine Zweirichtungsversion T6C2/B6C2, einer DDR-Version des T6A5 bzw. T6B5 + Beiwagen für Schwerin und Karl-Marx-Stadt bzw. des Imports des KT8D5 für beide Städte?
Die nicht realisierten Neubaustrecken in Karl-Marx-Stadt waren bereits für schmalere Wagen geplant.
Wo hast Du das den her? Bestellt waren erstmal nur zwei T6A2 / B6A2 Großzüge. Wahrscheinlich zur Testzwecken.
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joschie99
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Re: Tatrawagen-Beschaffungsplanung nach 1991

Beitrag von joschie99 »

T3D-Fan hat geschrieben:
Manitou hat geschrieben:Die erste Lieferung von T6A2 für Chemnitz ging übrigens 1990/1991 nach Rostock. Soll angeblich in den für Karl-Marx-Stadt typischen Elfenbein-Rot lackiert und sogar bereits mit Wagennummern und Wappen versehen gewesen sein. Müssen wohl dann dort umlackiert worden sein. - Weiß dazu jemand mehr???

Darüber haben wir am Donnerstag auch in Chemnitz-Kappel gesprochen. Mein Gesprächspartner hatte sogar in früheren Jahren mal ein Dia von dem Chemnitzer-T6A2 gesehen. Vielleicht mal am besten dahin wenden?!

tatra 1206
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Re: Tatra-Rot-Weiß

Beitrag von tatra 1206 »

Zitat: "Mit Ausnahme von Leipzig und Magdeburg hatten ursprünglich (vor ca. 1985- 1988) alle Städte der DDR die Tatras in klassischen Rot-Weiß geliefert bekommen."


Der erste Tw für Leipzig ( 1001) kam in rot elfenbein in Leipzig an, wurde dann später erst nur elfenbein und dann erst in blau elfenbein umlackiert ( mit beschriftung 4000. Tatra für die DDR)

Die original nach Magdeburg geliefereten Wagen waren elfenbein
Die Fahrzeuge die über Schwerin gekommen sind fuhren anfangs noch im rot elfenbein
und wurden aber schon 1990/1991 umlackiert.
Tatra 1206

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