Nicht ausgeführte Projekte

Diskussionen über die LOWA-, Gotha- und Reko-Fahrzeuge
Thomas
Beiträge: 63
Registriert: 24.05.2007 21:17
Wohnort: Gotha

Beitrag von Thomas »

Nun möchte ich es mir aber auch nicht nehmen lassen, die Entwürfe ein wenig zu kommentieren. Wenn ich mich auf „Das Buch“ beziehe meine ich natürlich die Bibel für Gothawagenfreunde- „Straßenbahnwagen aus Gotha“ von Peter Kalbe und Hans Wiegard.

Zum G6:
Der große Achsstand von 2,5m im mittleren Fahrwerk deutet für mich darauf hin, das der Wagenkasten dreh- und nicksteif mit dem Fahrwerk verbunden ist. Ein Straßenbahndrehgestell mit solch einem großen Achsstand wäre bezüglich des Bogenlaufes gelinde gesagt einfach Blödsinn…
Der große Achsstand dürfte dazu dienen, eine Ausreichende Nickstabilität des mittleren Wagenteils zu erzielen. Außerdem dürfte es dieser Achsstand ermöglichen, wenn nötig, noch eine weitere Fahrgasttür zwischen den Achsen unterzubringen. Die sehr kurzen Stufen der Mirage mit den über den Drehgestellen angeordneten Türen dürften doch eher Fahrgastunfreundlich sein. Ein ausreichender Geradeauslauf würde hingegen schon mit dem Drehgestellachsstand von 1,95m erzielt werden, was heute von den Multigelenkwagen und Fahrzeugen mit Gelenkwägelchen bewiesen wird. Hier muss das Fahrwerk aber keine Nickbewegungen übertragen, da der Wagenkasten von den übrigen Wagenkästen in Nickrichtung zwangsgesteuert wird.

Nun Frage ich mich, warum nicht der im Buch abgebildete Entwurf ausgeführt werden sollte, dazu folgende Vermutungen:
Der Achsstand im Mittelteil entspricht jenem der Enddrehgestelle. Wäre der Wagenkasten dreh- und nicksteifsteif mit dem Fahrwerk verbunden wäre zwar die Hüllkurve optimale, jedoch dürfte dies bei der großen Länge des Mittelteils mit großem Überhang bei diesem Entwurf die Fahreigenschaften kaum positiv beeinflussen. Laut Buch ist also davon ausgesehen, dass sich unter dem mittleren Wagenteil ein Drehgestell vorgesehen war und demzufolge eine Zwangssteuerung für den Wagenkasten nötig war. Hier verbleiben 2 Möglichkeiten:
1. Zwei Wagenteile werden zu einem Kurzgelenkwagen verbunden, der Dritte aufgesattelt. Allerdings können hier die Drehgestelle nicht frei drehen, da sie ja die Kraft zum Knicken übertragen müssen.
2. Der Mittelteil wird winkelhalbierend zwischen den Endwagen geführt. Hierbei können alle Drehgestelle frei ausdrehen die Fahreigenschaften wären also optimal.
Beide Varianten haben aber den Nachteil, dass beim Bogeneinlauf und in S-Kurven eine sehr ungünstige Hüllkurve entsteht. Davon abgesehen könnte über solch einem frei drehenden Drehgestell auch keine Tür vorgesehen werden, so dies denn angedacht worden wäre.
Alles in Allem könnte die ungünstige Hüllkurve da K.O. Kriterium für diese Variante gewesen sein.
Was mich im Buch ein wenig wundert: Die im Buch angegebene Länge entspricht jener des hier gezeigten Entwurfes mit 2,5m Achsstand und kurzem Mittelwagenkasten. Da der im Buch gezeigte Entwurf einen längeren Mittelwagenkasten besitzt müsste er eigentlich länger sein. Trotzdem ist in der Zeichnung dieselbe Länge wie für den hiesigen Entwurf angegeben.

Nun könnte man sagen: Der Mittelteil der Züricher Mirage wird auch winkelhalbierend zwangsgesteuert und es befinden sich Türen über den Drehgestellen.
Allerdings ist die Mirage wie auf der Zeichnung zu sehen sehr kurz, sogar kürzer als der Geplante Kurzgelenkwagen!!! Dadurch kann gar nicht gar nicht erst so eine ungünstige Hüllkurve entstehen und der maximale Drehgestellausschlag bleibt klein. Trotzdem sind die Stufen über den Drehgestellen schon sehr kurz. Man stelle sich vor, die Drehgestelle müssten noch weiter ausdrehen.

Die Nachteile beider Varianten ließen mich hoffen, dass man noch einen G8 mit vierachsigem Mittelwagen und schwebenden Gelenken gekommen wäre, der zweiachsige Mittelwagen also durch einen B4 mit abgetrennten Plattformen ersetzt worden wäre. Die Länge eines solchen Wagens würde 30m betragen, mit zusätzlichem Beiwagen der Zug sogar 45m. Adieu Tatra Großzug :>.


Das nehme ich einmal als Überleitung zum Kurzgelenkwagen. Auffallend sind zunächst einmal die sehr große Länge und der sehr große Drehgestellabstand. In den Abmessungen entspricht das Fahrzeug damit fast einem Düwag Sechsachser ohne Jakobsdrehgestell und ist somit wesentlich größer als alle anderen Kurzgelenkwagen. Die Hüllkurve müsste demzufolge auch dem Düwag Sechsachser entsprechen, jedoch mit einem eingesparten Drehgestell.

Laut Buch sollten die Endwagen des G6 mit den Wagenkästen des Kurzgelenkwagens inklusive Türanordnung völlig identisch sein. Nun sind aber die Türanordnungen auf den Zeichnungen unterschiedlich. Welche Türantwortung sollte nun die endgültige sein?

Zu den Jahreszahlen: Die Geschichte Kurzgelenkwagen begann lt. Buch 1962, die des G6 1960.

@Matze: Vielleicht kannst du meinem Text ja Peter Kalbe zukommen lassen, würde mich über eine Kritik freuen.

Benutzeravatar
Sithis
Beiträge: 8311
Registriert: 23.03.2006 22:43
Wohnort: Berliner Umland
Kontaktdaten:

Beitrag von Sithis »

Ich denke, einen TGZ hätte man dann schon besser mit einem "Tatzelwurm" ersetzt, wären die Planungen für Gelenkwagen auch über solche hinausgekommen. Da die Kapazitäten ja weiterhin von der Sowjetunion verschlungen wurden, die Wagen forderte, ist es leider nie zu weiteren Entwicklungen gekommen.

(ist jetzt etwas OT, aber ich frage mich schon ernsthaft, wieso die SU Wagen aus Gotha forderte, die dann größtenteils gar nicht so viel später durch Fahrzeuge heimischer Produktion ersetzt wurden)
Zynismus ist der geglückte Versuch, die Welt zu sehen, wie sie wirklich ist. - Jean Genet

Benutzeravatar
Matze
Beiträge: 361
Registriert: 14.09.2007 16:42

Beitrag von Matze »

Thomas, der Text für Peter Kalbe drucke jetzt gerade aus.

MfG Matze
"Träume nicht dein Leben - lebe deinen Traum!"

Thomas
Beiträge: 63
Registriert: 24.05.2007 21:17
Wohnort: Gotha

Beitrag von Thomas »

Wunderbar :D .

Benutzeravatar
Sithis
Beiträge: 8311
Registriert: 23.03.2006 22:43
Wohnort: Berliner Umland
Kontaktdaten:

Beitrag von Sithis »

Im aktuellen SM wird geschrieben, daß der KT4D aus den Plänen für den Kurzgelenkwagen aus Gotha weiterentwickelt wurde. Weiß jemand eventuell mehr dazu?
Zynismus ist der geglückte Versuch, die Welt zu sehen, wie sie wirklich ist. - Jean Genet

Antworten