Naumburg

Straßenbahnbetriebe in Deutschland
Zosse
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Naumburg

Beitrag von Zosse »

und gleich noch was hinterher worauf ich jetz zufällig gestoßen bin.

Der einzige nach dem Mauerfall stillgelegte ostdeutsche Betrieb in Naumburg geht genaugenommen wieder in den normalen Straßenbahnbetrieb über, wenn man die Fahrzeiten dort mit denen anderer Betriebe vergleicht.

Am 30. März 2007 ist dort 100- jähriges Jubiläum, dann startet ein regelmäßiger halbstündiger Betrieb.

Von Montag bis Freitag wird von 05:45 bis 20:00
Samstag und Sonntag wird von 09:15 bis 18:00 gefahren.

Mehr gibts hier:

http://www.ringbahn-naumburg.de/index.html

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Sithis
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Beitrag von Sithis »

Soweit ich weiß, wurde die Straßenbahn nach der Wende extra als Museumsbahn deklariert, um eine Stillegung(komplett also, mit Abriß und allem Drum und Dran) zu verhindern.
Die Bahn in Naumburg hatte sowieso immer eine recht abenteuerliche Stellung.
Früher nannte man sie wegen der verschlissenen Gleise, die die Wagen zum Hüpfen brachten auch "wilde Zicke".

Wie sieht es nun mit der konkreten Zukunft aus? Werden die alten Zweiachser den Planbetrieb weiterführen oder plant wieder irgendeiner ach so tolle, moderne Fahrzeuge á la Leoschweiner zu beschaffen?

Ansonsten wäre es neben Woltersdorf und der Kirnitzschtalbahn der dritte Betrieb in Deutschland, der weiter mit alten Zweiachsern im Plandienst fährt.
Zynismus ist der geglückte Versuch, die Welt zu sehen, wie sie wirklich ist. - Jean Genet

Errel
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Beitrag von Errel »

So. Mal einen alten Thread hervorgezaubert. Ich war am Sonntag (das erste Mal) in Naumburg. Aus dem Bahnhof raus, aha, Gleise und Fahrleitung. Aber keine Bahn. Doch halt. Das Quietschen kommt mir doch sehr vertraut vor. Und was kommt da um die Ecke. Ein Reko!! Boah!! Ein Reko im Planeinsatz!! Also schnell rein da. Die beiden (Fahrer und Kassierer) waren sehr freundlich und auskunftsbereit. Und das Fahrgefühl, herrlich! Gut, die Anwohner könnte das Quietschen alle Viertelstunde schon stören. Aber das war mir egal! Und für einen Sonntag waren die Fahrten (ja, Fahrten, ich bin nämlich gleich dreimal hin- und zurückgefahren...) gut besucht! Da sieht man mal wieder, was regelmäßige Fahrten für einen Zuspruch finden!! Noch dazu mit solch nostalgisch anmutenden Gefährten.
Ich wünsche jedenfalls allen Beteiligten viel Erfolg und das dieses Unternehmen weiter gedeiht!!

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Sithis
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Beitrag von Sithis »

Konntest du in Erfahrung bringen, was mit dem G4 aus Gotha ist? Der steht ja nur rum und kann als Einrichter nicht wirklich eingesetzt werden.
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Errel
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Beitrag von Errel »

Sithis hat geschrieben:Konntest du in Erfahrung bringen, was mit dem G4 aus Gotha ist? Der steht ja nur rum und kann als Einrichter nicht wirklich eingesetzt werden.
Der wird auch noch so lange rumstehen, bis der Ring wieder geschlossen ist...Wurde jedenfalls so gesagt.

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Sithis
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Beitrag von Sithis »

Aber er wird erstmal bleiben, oder? Soweit ich weiß, sollte er doch angeblich verkauft werden. Ich hoffe dies wird nicht geschehen. Eines Tages sollen ja auch wieder Einrichter in Naumburg fahren.

Gibt es schon irgendwelche Vorstellungen, wann der Ring wieder geschlossen werden soll?
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Errel
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Beitrag von Errel »

Sithis hat geschrieben:Gibt es schon irgendwelche Vorstellungen, wann der Ring wieder geschlossen werden soll?
Letztes Jahr?? ;-)) Nee, ich denke mal, das wird leider noch dauern. Das nächste Ziel ist erstmal das Salztor. Aber immerhin fährt wieder was!!

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Sithis
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Beitrag von Sithis »

Ich fahr morgen auch mal hin. Bin schon gespannt.
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koneggS
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Beitrag von koneggS »

Naumburg ist schon ein schönes Städtchen, und davon gibts es ja in Sachsen-Anhalt nicht allzu viele. Der Endpunkt am Bahnhof versprüht regelrecht Kleinstadtflair und auch die Streckenführung ist schön und abwechslungsreich. Selbst der Fahrzeugpark ist schön farbenfroh. Leider stehen die beiden Beiwagen meistens nur rum.

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Sithis
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Beitrag von Sithis »

Also mal mein heutiger Eindruck von dieser Stadt:

Heute war ein schöner sonniger Tag mit wolkenlosem blauen Himmel. Dies täuschte allerdings nicht über den Herbst hinweg, der sich mit den etwas frischen Temparaturen und gelbem Laub deutlich bemerkbar machte.
Um kurz vor 12:00 Uhr angekommen, nach kurzer Suche schon die Bahn gesichtet. Am Bahnof standen ein Beiwagen sowie ein Gothawagen(Nr. 36), keine Ahnung warum. Auf der Strecke habe ich sie nicht gesehen. Wieder war es ein Rekowagen, beige mit Werbung, Nummer 50. Den Dienst als Fahrer und Schaffner versah ein etwas unwirscher junger Mann, bei dem ich eine Tageskarte erwarb. Dazu gab es einen Fahrplan und einen Kalender für 2008, beide im Hemdtaschenformat.

Dann ging es auch schon los mit der wilden Fahrt. Über abgewetzte Gleise rumpelte der Reko im gemächlichen Tempo durch die Stadt. Gehalten wurde an jeder Haltestelle, egal ob jemand ein/aussteigen wollte oder nicht.

Außer mir war wohlgemerkt kein Fahrgast an Bord, nur ein seltsamer Typ, der gelangweilt dreinschaute und den ganzen Tag mitfuhr...Leute gibt es...

An der Vogelwiese angekommen nutzte ich die Gelegenheit, Bilder zu machen, auch von der Abfahrt. Ein kleiner Spaziergang an der Strecke entlang sollte noch einige Fotomöglichkeiten bieten. Später fuhr ich noch ein paar Stationen mit, um zur Innenstadt zu gelangen, leider recht tote Hose dort. Dazu noch mehr.

Die Betriebspause nutze ich, um mir auch den imposanten Dom anzusehen. Auch wenn es mit Straßenbahn nichts zu tun hat, von meiner Stelle eine Empfehlung, sich das mal anzusehen. Für mich als angehenden Historiker sollte es sowieso klar sein, daß sowas dazugehört, wenn man schon mal in Naumburg ist ;-) .

Na ja, dann irgendwann hatte ich genug gesehen. Leider gab es kein anständiges Restaurant, nur seltsame Cafes, die von Rentnern belagert wurden. Bedauerlicherweise auch einen Döner. Aber angesichts der Bevölkerung in dieser Stadt dürfte der genügend Kunden haben :evil: . Denn irgendwie war mein Eindruck mal wieder, daß viele Städte in Ostdeutschland nur von dummen Proleten bewohnt werden. Oder wie soll ich es einordnen, wenn irgendwelche Jugendlichen mit Basecap, Bierflasche und Kippe am rauchfreien Bahnhof sitzen und dumme Geräusche von sich geben. :evil: Irgendwie absolut typisch Osten, muß ich sagen. Nicht falsch verstehen, natürlich habe ich auch schon in Stuttgart oder anderen Städten in Westdeutschland seltsame Gestalten gesehen, nur ist es in diesen Gefilden leider etwas verstärkt.

Also "schön" ist Naumburg nur in Teilen. Es gibt den Dom, einige ansehnliche alte Bauten und natürlich die Straßenbahn. Ansonsten ist es da tote Hose. Das Hotelrestaurant am Bahnhof hatte kein Angebot und ein Bowling-Center(das braucht man da ja unbedingt :roll: ) mit integriertem Steakhaus hatte nicht offen, angeblich stand die Neueröffnung noch aus. Na ja...zum Glück gab es BiFi und Cola im Bahnhof, besser als nichts.

Ansonsten viele heruntergekommene Bauten mit Graffiti und dazu passender "Unterschichtsklientel". Beschämend angesichts der kulturellen Bedeutung dieser Stadt, wie es da teilweise aussieht. Leider ist das ja auch anderswo so.

Na ja, genug gemeckert. Um 16:24 Uhr hieß es dann Rückfahrt im IC, vorher sichtete ich noch eine E44, die den Bahnhof passierte, leider war die Kamera schon verstaut.

Nochmal zur Straßenbahn, wie die derzeit verkehrt, ist es eigentlich wirklich nur eine Touristenbahn. Die paar Meter Strecke kann ich auch laufen, ist angesichts des langsamen Tempos der Bahn nicht so zeitaufwendiger, und bis die Bahn mal kommt, vergeht angesichts des Halbstundentakts ja auch seine Zeit. Keine Ahnung wie es in der Woche aussieht oder an anderen Tagen, aber mein Erlebnis war da doch etwas anderer Art als das geschilderte von Errel. Bis auf zwei Rentner habe ich an dem Tag auch keine anderen Fahrgäste außer mir gesehen. Ich dachte auch, nach der Betriebspause mal den Gotha-Wagen auf der Strecke zu sehen, leider war dem nicht so. Der orangene Gotha-Wagen schaute aus dem Depot raus, was derzeit wohl gebaut wird.
Der heutige Fahrer wirkte jedenfalls nicht so auskunftsfreudig und etwas genervt. Ok, ich meine, dann sollte man nicht für ne Bahn fahren, die zu 90 % den Sinn und Zweck der touristischen Unterhaltung bzw. für Fans dient. Nur meine Meinung dazu...
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fahrmidda13
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Beitrag von fahrmidda13 »

Erstmal schönen Dank für Deinen informativen Bericht. Bei mir steht Naumburg noch auf der Reiseziel-Wunschliste, sodaß ich wohl dort auch mal vorbeischauen muß. Allerdings liegt es diesmal wohl an mir zu sagen: für mich liegt das leider nicht gerade um die Ecke. :wink:
Denn irgendwie war mein Eindruck mal wieder, daß viele Städte in Ostdeutschland nur von dummen Proleten bewohnt werden. Oder wie soll ich es einordnen, wenn irgendwelche Jugendlichen mit Basecap, Bierflasche und Kippe am rauchfreien Bahnhof sitzen und dumme Geräusche von sich geben. Irgendwie absolut typisch Osten, muß ich sagen. Nicht falsch verstehen, natürlich habe ich auch schon in Stuttgart oder anderen Städten in Westdeutschland seltsame Gestalten gesehen, nur ist es in diesen Gefilden leider etwas verstärkt.
Naja, im Ländle mag die Welt noch halbwegs in Ordnung sein. Ansonsten muß ich aus eigener Erfahrung sagen, daß sich die von Dir geschilderten Phänomene im Westen inzwischen auch ausgebreitet haben - mit dem kleinen Unterschied, daß man die dort herumhängenden Leute nicht mal versteht, es sei denn man ist der russischen oder türkischen Sprahe mächtig. Das soll jetzt bitteschön kein politisches Statement sein, aber in Darmstadt ist es üblich, daß in der Straßenbahn hitzig unter den Fahrgästen diskutiert wird, ohne daß dabei ein einziges deutsches Wort fallen würde. So weit ist es im Osten noch nicht - wenn man Berlin mal außen vor läßt.
Beschämend angesichts der kulturellen Bedeutung dieser Stadt, wie es da teilweise aussieht. Leider ist das ja auch anderswo so.
Ja, ziemlich überall sogar. Beispielsweise ist auch die Verschandelung der historisch sehr bedeutsamen Stadt Köln jahrzehntelang von offizieller Seite her vorangetrieben worden. Aber es ist traurig zu sehen, wie im Osten 20 Jahre später die gleichen Fehler gemacht werden, während man sich im Westen darüber inzwischen grün und blau ärgert. Stimmt schon. :roll:

Nochmal zur Straßenbahn, wie die derzeit verkehrt, ist es eigentlich wirklich nur eine Touristenbahn. Die paar Meter Strecke kann ich auch laufen, ist angesichts des langsamen Tempos der Bahn nicht so zeitaufwendiger, und bis die Bahn mal kommt, vergeht angesichts des Halbstundentakts ja auch seine Zeit.
Aber immerhin: Die Straßenbahn fährt! Über den Sinn und Zweck einer Straßenbahn in einer Kleinstadt wie Naumburg machen wir uns mal lieber keine Gedanken. Wirklich gebraucht jedenfalls wird sie höchstwahrscheinlich nicht. Wenn sie nun als "Touristenbahn" der Attraktivität der Stadt zuträglich ist, finde ich das doch gar nicht mal so schlecht.
Siehe zu diesem Thema übrigens auch:
http://www.youtube.com/watch?v=VbbDi5T7_Ms :lol:
Bild

Zwei Fuzzies stehen auf einer Signalbrücke.
"Weißt du", sagt der eine, "wenn ich hier oben stehe und den Zug knipse, fällt irgendwie alles von mir ab."
"Schön" sagt der andere. "Hauptsache, es fällt mir nicht in die Fotolinie."

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koneggS
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Beitrag von koneggS »

So alt sind die Gleise in Naumburg nicht einmal, letztes Jahr erzählte mir ein Schaffner, dass man es geschafft habe, die Gleise inzwischen komplett auszutauschen. Ich fand die Stadt dort recht hübsch gemacht, der Bahnhof (der ja dem Bahnreisenden praktisch den ersten Eindruck der Stadt vermittelt) war 1A restauriert, der Bahnhofsvorplatz auch super im Kopfsteinpflaster neugemacht, die Häuser auch entlang der Strecke wirkten auch alle recht gepflegt. Der Rekowagen Nr. 50 fuhr auch damals schon, ich vermute er wird aufgrund der Werbeeinnahmen bevorzugt eingesetzt. Damals war die Strecke aufgrund von Gleisbauarbeiten geteilt, also kurz vorm Betriebshof ausm Reko aussteigen, 200 Meter laufen und dann im Gotha die Fahrt fortsetzen. Ich war regelrecht begeistert, dass es solche herausgeputzten Städte überhaupt in Sachsen-Anhalt gibt, da ich bis dato nur heruntergekommene und kaum restaurierte Städte sah (z.B. Magdeburg, Arthern, Dessau, Bitterfeld, Stendal, Halle, Halberstadt[wobei hier wenigstens alles rund um die Vogtei restauriert ist]). Inzwischen bin ich auch der Meinung, dass Quedlinburg und Wernigerode tiptop sind. Aber das dürfte es auch schon wieder gewesen sein.

Insgesamt finde ich es in Naumburg super von dem Verein, die Bahn wieder täglich fahren zu lassen, da sie doch eine gewisse touristische Bedeutung für die Stadt hat. Und nicht zu vergessen ist auch, dass sie damit 8 neue Arbeitsplätze schafft-in einer Stadt wie Naumburg enorm wichtig. Dass du fast alleine in der Bahn gesessen hast, liegt wohl auch daran, dass die Saison nun eigentlich vorbei ist. Im Sommer soll es da anders ausgesehen haben. Tragen kann sich die Bahn auch nur durch Spenden und ehrenamtliche Vereinsarbeit an Wagen und Strecke. Die Fahrgeldeinnahmen Decken gerade einmal die Hälfte der Betriebskosten ab. Allerdings sind Straßenbahnen, wenn die Wartung der Infrastruktur ehrenamtlich erfolgt, relativ günstig, bezahlt werden muss ja hauptsächlich nur noch der Strom und das Personal, zumindest der Strom ist schnell, auch durch Fahrgeldeinnahmen, bezahlt. Das Personal dürfte hier jetzt das größte "Problem" darstellen, aber da ein Fahrer dort wohl kaum so viel wie bei einem "normalen" Betrieb verdienen wird, sicherlich auch gerade so machbar. Da stört es auch nicht, wenn die Bahn mal an einem Tag leer durch die Gegend fährt...

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Sithis
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Beitrag von Sithis »

Erstmal schönen Dank für Deinen informativen Bericht. Bei mir steht Naumburg noch auf der Reiseziel-Wunschliste, sodaß ich wohl dort auch mal vorbeischauen muß. Allerdings liegt es diesmal wohl an mir zu sagen: für mich liegt das leider nicht gerade um die Ecke.
Aber bitte ;-) . Naumburg ist doch von DD gar nicht so weit weg?
Ich sage dir gleich, du brauchst nicht sooo lange, um alles gesehen zu haben.

Dieses Jahr werde ich auch erstmal keine weiteren Ausflüge machen(voraussichtlich). Höchstens nochmal Gotha, weil daß ne Viertelstunde mit dem Zug entfernt ist. Ansonsten ist es gerade schönes Wetter, also werde ich wohl auch mal Erfurt selber anschauen(jetzt gleich).
Naja, im Ländle mag die Welt noch halbwegs in Ordnung sein. Ansonsten muß ich aus eigener Erfahrung sagen, daß sich die von Dir geschilderten Phänomene im Westen inzwischen auch ausgebreitet haben - mit dem kleinen Unterschied, daß man die dort herumhängenden Leute nicht mal versteht, es sei denn man ist der russischen oder türkischen Sprahe mächtig. Das soll jetzt bitteschön kein politisches Statement sein, aber in Darmstadt ist es üblich, daß in der Straßenbahn hitzig unter den Fahrgästen diskutiert wird, ohne daß dabei ein einziges deutsches Wort fallen würde. So weit ist es im Osten noch nicht - wenn man Berlin mal außen vor läßt.
Also was die Sprachen angeht, wird in der Erfurter Bahn inzwischen auch schon viel nicht auf Deutsch gebrabbelt. Und wenn gewisse Leute Deutsch können, dann hauptsächlich "ey Alter, du Hurensohn!" :evil: (ich meine damit auch viele verblödete "Volksgenossen" :evil: ).
Mein Eindruck von Stuttgart war ja z.B. weniger schlimm als in Berlin, gleichwohl die Gegend um den Nordbahnhof herum scheinbar fest in anatolischer Hand ist. Immerhin machte es doch einen gesitteteren Eindruck als Berlin.
Ja, ziemlich überall sogar. Beispielsweise ist auch die Verschandelung der historisch sehr bedeutsamen Stadt Köln jahrzehntelang von offizieller Seite her vorangetrieben worden. Aber es ist traurig zu sehen, wie im Osten 20 Jahre später die gleichen Fehler gemacht werden, während man sich im Westen darüber inzwischen grün und blau ärgert. Stimmt schon.
In Köln hat man sich doch dank der "autogerechten Stadt" schon sein Wahrzeichen mit Abgasen ruiniert, so daß aufwendige Restaurationen notwendig sind.
Aber immerhin: Die Straßenbahn fährt! Über den Sinn und Zweck einer Straßenbahn in einer Kleinstadt wie Naumburg machen wir uns mal lieber keine Gedanken. Wirklich gebraucht jedenfalls wird sie höchstwahrscheinlich nicht. Wenn sie nun als "Touristenbahn" der Attraktivität der Stadt zuträglich ist, finde ich das doch gar nicht mal so schlecht.
Mir stellt sich die Frage, inwiefern man überhaupt Nahverkehr in Naumburg braucht. Die Leute sind entweder arbeitslos oder wohnen einen Katzensprung vom Bahnhof entfernt(falls sie den benötigen), und der Rest kann sicherlich auch mit einer Handvoll kurzer Citaros befördert werden.

Insofern ist die Naumburger Straßenbahn sicherlich wirtschaftlich betrachtet nicht effektiv. Wie auch die vergleichbaren Bahnen in Woltersdorf und dem Kirnitzschtal, wobei ja zumindest Woltersdorf als S-Bahn-Zubringer gut beansprucht wird.
So alt sind die Gleise in Naumburg nicht einmal, letztes Jahr erzählte mir ein Schaffner, dass man es geschafft habe, die Gleise inzwischen komplett auszutauschen. Ich fand die Stadt dort recht hübsch gemacht, der Bahnhof (der ja dem Bahnreisenden praktisch den ersten Eindruck der Stadt vermittelt) war 1A restauriert, der Bahnhofsvorplatz auch super im Kopfsteinpflaster neugemacht, die Häuser auch entlang der Strecke wirkten auch alle recht gepflegt.
Bist du denn auch etwas in die Innenstadt gegangen? Also in die schmalen Gassen? Da ist es schon eher "typisch Osten"(leider im negativen Sinne).

Der HBF mag zwar halbwegs gut aussehen, nur ist das wieder so eine Konzentration auf was Vorzeigbares auf wenige Punkte. Oder wozu braucht man dort ein Bowling-Center. Man hat damit teures Bauland geschaffen, mehr nicht, wie es scheint.

Natürlich gibt es gepflegte Häuser in Naumburg, keine Frage, die älteren Gebäude wirkten teilweise schon recht gepflegt. Irgendwas möchte man ja doch vorzeigen.

Und wenn die Gleise neu sind, frage ich mich, wieso sie dann recht alt aussehen. Also rostig, etwas abgeschabt...oder ist da der Reko dan schuld? ;-)
Der Rekowagen Nr. 50 fuhr auch damals schon, ich vermute er wird aufgrund der Werbeeinnahmen bevorzugt eingesetzt. Damals war die Strecke aufgrund von Gleisbauarbeiten geteilt, also kurz vorm Betriebshof ausm Reko aussteigen, 200 Meter laufen und dann im Gotha die Fahrt fortsetzen.
Ja, natürlich dürfte das einer der Gründe für den bevorzugten Einsatz des Rekos sein. Vom Fahrkomfort her sind die anderen Wagen(Gotha) klar zu bevorzugen.
Mir ist eh ein Rätsel, wozu man so viele Wagen braucht, wie man derzeit hat. Es gibt etliche Gothas, Rekos und auch noch LOWAs. Und der G4 ist ja nun vollkommen überdimensioniert und wegen der Einrichtungsbauweise ungeeignet(immerhin gibt es ihn noch).
Beim derzeitigen Fahrplan braucht man ja wirklich nur einen Wagen.
ch war regelrecht begeistert, dass es solche herausgeputzten Städte überhaupt in Sachsen-Anhalt gibt, da ich bis dato nur heruntergekommene und kaum restaurierte Städte sah (z.B. Magdeburg, Arthern, Dessau, Bitterfeld, Stendal, Halle, Halberstadt[wobei hier wenigstens alles rund um die Vogtei restauriert ist]). Inzwischen bin ich auch der Meinung, dass Quedlinburg und Wernigerode tiptop sind. Aber das dürfte es auch schon wieder gewesen sein.
Also bei Halle und Magdeburg widerspreche ich. Halle ist recht ansehnlich und Magdeburg hat als Landeshauptstadt und Universitätsstandort auch einiges investiert. Dessau ist IMO zumindest in Teilen recht gepflegt. Immerhin gibt es z.B. am HBF gute Restaurants(ich war da beim Griechen) und eine Berufsschule, die recht neu aussieht.


Insgesamt finde ich es in Naumburg super von dem Verein, die Bahn wieder täglich fahren zu lassen, da sie doch eine gewisse touristische Bedeutung für die Stadt hat. Und nicht zu vergessen ist auch, dass sie damit 8 neue Arbeitsplätze schafft-in einer Stadt wie Naumburg enorm wichtig.
Na ja, da stellt sich mir aber die Frage, inwiefern diese neuen Mitarbeiter motiviert sind. Der Fahrer am Sonntag wirkte es nicht gerade und die Nappsülze hat es auch gerne mal vergessen, beim Ein- und Aussteigen die Tür freizugeben.
Anscheinend sind doch nur die "alten Hasen" richtig mit Herz und Seele dabei.
Dass du fast alleine in der Bahn gesessen hast, liegt wohl auch daran, dass die Saison nun eigentlich vorbei ist. Im Sommer soll es da anders ausgesehen haben. Tragen kann sich die Bahn auch nur durch Spenden und ehrenamtliche Vereinsarbeit an Wagen und Strecke. Die Fahrgeldeinnahmen Decken gerade einmal die Hälfte der Betriebskosten ab. Allerdings sind Straßenbahnen, wenn die Wartung der Infrastruktur ehrenamtlich erfolgt, relativ günstig, bezahlt werden muss ja hauptsächlich nur noch der Strom und das Personal, zumindest der Strom ist schnell, auch durch Fahrgeldeinnahmen, bezahlt. Das Personal dürfte hier jetzt das größte "Problem" darstellen, aber da ein Fahrer dort wohl kaum so viel wie bei einem "normalen" Betrieb verdienen wird, sicherlich auch gerade so machbar. Da stört es auch nicht, wenn die Bahn mal an einem Tag leer durch die Gegend fährt...
Also wenn die Bahn leer durch die Gegend rumpelt, finde ich ehrlich gesagt etwas sinnlos. Die unnötige Abnutzung von Wagen und Gleisen nebst dem Personalaufwand frißt dann doch Geld. Kann sich die Bahn einen Ruf als Zubringer zum Bahnhof erarbeiten(unter der Woche für Pendler), so wäre das sinnvoller. Vielleicht es ja so, die Situation unter der Woche kann ich nicht beurteilen, eventuell sieht es da besser aus.
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koneggS
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Beitrag von koneggS »

Die Straßenbahn in Naumburg ist ja auch nicht gedacht, den ÖPNV zu verbessern, sie ist als Touristenbahn gedacht, die ohne Zuschüsse nur "zum Spaß" fährt, ähnlich der Kirnitzschtalbahn. Die Woltersdorfer Straßenbahn finde ich nicht besonders uneffizient, die Wagen sind voll, und am WE konzentriert man sich halt nebenbei auf die Touristen. Damit hat man halt 2 "Geschäftsbereiche".

Dass man in Naumburg so viele Wagen hat, liegt eben auch daran, dass die Straßenbahn von einem Verein getragen wird, dessen Ziel es nicht ist, effizient zu arbeiten, sondern die Straßenbahn der Nachwelt zu erhalten, und das Fanfreundlich. Dazu zählt halt auch ein bunter Wagenpark. Wenn man die Fahrzeuge reduzieren sollte, dann könnte man es genauso gut in Straßenbahnmuseen machen. Dort braucht auch kein Mensch "so viele" Fahrzeuge, um den BEtrieb aufrechtzuerhalten. Naumburgs Straßenbahn ist nunmal nur für touristische Zwecke und soll eine Attraktion darstellen, da braucht man eben auch einen bunten Fahrzeugpark (und der Fahrzeugpark dort ist ja wirklich bunt). Zudem wird ja auch an "richtigen" Fahrtagen, wenn der Verein selbst fährt, mit Beiwagen und 2. Zug gefahren. Der G4 kommt auch an solchen Fahrtagen mal auf die Strecke, zumindest kann ich mir die Enstehung von Bildern des G4 am Hauptbahnhof oder anderen Plätzen nicht anders erklären ;).
Die Belastung an Fahrzeugen und Gleisen durch den täglichen Fahrbetrieb dürfte recht gering sein. Außerdem brauch man im Normalfall nur einen Triebwagen, da gibt es genügend Reserve. Und die Schienen werden es schon überleben, dass pro Richtung ein Zug in einer halben Stunde kommt. Ist ja schließlich egal, ob sie nach 30 Jahren ausgewechselt werden müssen, weil sie dann mal abgefahren sind oder einfach wegrosten.

Dass die Gleise in Naumburg etwas älter aussehen, kann ganz leicht mit dem Fehlen eines von dir vom Nutzen her angezweifelten Schienenschleifwagens zusammenhängen. Da sehen die Schienen schnell alt aus.

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Sithis
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Beitrag von Sithis »

Ja, aber die Schließung des Ringes hätte ja auch zur Folge, daß die Bahn wieder auf eine Größe kommt, die einen sinnvollen Alltagsbetrieb ermöglicht.
Nun ist es bis dahin noch ein weiter Weg, aber geplant.

Sicherlich mag es sinnvoll sein, die Wagen zu erhalten. Keine Frage. So konnte ja auch ein Gotha-Wagen nach Chemnitz abgegeben werden(der müßte da aber umgespurt werden).
Stellt sich nur die Frage, ob man alle Wagen auch wirklich auf Dauer erhalten kann, was ja erstrebenswert wäre.

Was den G4 angeht, wie soll der als Einrichter vernünftig verkehren? Da müßte er ja ein ganzes Stück rückwärts vom Rangierfahrerstand gefahren werden.

Wo habe ich am Sinn eines Schienenschleifers gezweifelt?
Ich schrieb lediglich, daß ich z.B. in Berlin keinen Effekt merke, wenn ich über eine frisch geschliffene Strecke fahre. Insofern zweifle ich da schon am Sinn, weniger an dem des Schienenschleifens sondern ob sich ein einzelner Wagen für ein großes Netz lohnt.
Außerdem dürften die Rekos in der Tat das Gleis mehr bearbeiten als die Gothawagen.
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